LGBTQ in Paris 2024: 13 olympische Sportarten, auf die ihr schauen solltet!
Mindestens 150 lesbische, bisexuelle und nichtbinäre LGBTQ-Athlet:innen sind bei den Olympischen Spielen in Paris am Start. Wir stellen euch 13 Sportarten vor, in denen der queere Anteil am größten ist - inklusive vieler Medaillenkandidat:innen!
Von Karin Schupp
28.7.2024 - Bei den Olympischen Spielen in Paris kämpfen in den Frauenwettbewerben über 150 lesbische, bisexuelle und queere Frauen und vier nichtbinäre/ trans Athlet:innen um Medaillen (auf dieser Liste von Outsports stehen sie). Aber nicht überall sind wir gleichermaßen vertreten. Wir stellen hier die Sportarten vor, die auch aus lesbischer Perspektive einen Blick wert sind.
Lest auch unseren Artikel über die 11 offen lesbischen und queeren Olympionikinnen aus Deutschland.
1) Fußball…
… ist mit Abstand der Lesbensport Nr. 1 bei den Olympischen Spielen: In neun der zwölf Teams sind mindestens 46 offen queere Spieler:innen (inklusive Reservistinnen) am Start, davon allein zwölf aus Australien: Zu den zehn bekannten Namen der WM 2023 kamen die Rückkehrerin Michelle Heyman, die schon in Rio 2016 (bereits offen lesbisch!) dabei war, und Newbie Sharn Freier. Superstar Sam Kerr fällt leider verletzt aus.
Für Brasiliens Fußball-Ikone Marta (38) sind es die sechsten und letzten Olympischen Spielen: danach beendet sie Karriere. Die sechfache Weltfußballerin des Jahres ist mit der US-Fußballerin Carrie Lawrence zusammen.
Titelverteidiger Kanada hat die einzige trans/ nichtbinäre Person im Team: Quinn verzichtet nicht nur auf einen Vornamen, sondern auch auf Hormone und kann daher weiterhin dem Frauennationalteam angehören.
Die USA bringen diesmal nur eine offen lesbische Spielerin mit: Tierna Davidson. Kritik gab’s an der Berufung von Korbin Albert ins Nationalteam: Die 20-Jährige hat in diesem Jahr homo- und transphoben Posts geteilt und gelikt - in den Vorbereitungsspielen musste sie sich bereits Buhrufe aus dem Publikum anhören.
Im DFB-Kader sind – nach dem Ausscheiden der verletzten Lena Oberdorf - noch Torfrau Ann-Katrin Berger, Sara Doorsoun, Lea Schüller und – zum zweiten Gruppenspiel – Nachrückerin Felicitas Rauch.
2) Rugby…
… steht mit 15 offen queeren Athletinnen auf Platz 2 der „lesbischsten Sportarten“. Bei allen drei bisherigen olympischen Turnieren waren Portia Woodman-Wickliffe aus Neuseeland (Silber 2016, Gold 2020), Lauren Doyle, eine von fünf lesbischen Spielerinnen der USA, und die Australierin Sharni Smale (Gold in Rio 2016) - gut zu erkennen an ihrem Rainbow-Helm - dabei. Auffällig ist auch die Kanadierin Olivia Apps: Sie leidet unter Alopecia und trägt eine Glatze.
3) Hockey:
Insgesamt stehen 14 offen lesbische und bisexuelle Hockeyspielerinnen aus sieben Ländern auf dem blauen Feld - Platz 3 auf unserer L-Liste. Torfrau Anne Veenendaal vom Titelverteidiger Niederlande trägt normalerweise die Progress Pride Flag am Helm. In Team Great Britain (Gold in Rio, Bronze in Tokio) hält unter anderem die Rekordnationalspielerin Sarah Jones (140 Länderspiele) die Regenbogenfahne hoch. Im deutschen Team ist Torfrau Nathalie Kubalski out.
4) Leichtathletik:
US-Shootingstar Sha‘Carri Richardson war in Tokio 2021 wegen eines positiven Marihuana-Tests gesperrt, jetzt peilt die amtierende Weltmeisterin Gold im Sprint über 100 Meter an - im Frühjahr lief sie bereits die Jahresweltbestzeit. Die 24-Jährige outete sich schon mit 15 als bi und sprach 2021 offen über ihre Freundin. Zuletzt soll sie mit dem Sprinter Christian Coleman liiert gewesen sein, nach Paris kam sie aber als Single.
In Tokio 2021 gewann Raven Saunders (USA) Silber im Kugelstoßen und war mit gefärbten Haaren und Hulk-Maske eine der auffälligstenden Ahtlet:innen. Damals offen lesbisch, identfiziert Saunders sich inzwischen als nichtbinär.
In der 4x100-Meter-Staffel könnte ein Ehepaar aufeinander treffen: Michelle-Lee Ahye (Trinidad and Tobago) und Crystal Emmanuel-Ahye (Kanada) heirateten im letzten Jahr.
Zu den 10 olympischen LGBTQ-Leichtathlet:innen gehört auch Nikki Hiltz (USA), Vizeweltmeister:in über 1500 Meter in der Halle, an. Hiltz ist mit der Leichtathletin Emma Gee liiert und outete sich 2021 als trans und nichtbinär.
5) Boxen:
9 queere Boxer:innen kämpfen in diesem Jahr um Medaillen. Kellie Harrington (IRL) möchte ihr olympischen Gold von Tokio (Leichtgewicht) verteidigen. Irma Testa (Italien) outete sich nach ihrer Bronzemedaille im Federgewicht 2021 als queer. Nesthy Petecio gewann in Tokio als erste Philippinin überhaupt eine olympische Medaille: Silber im Federgewicht. Hergie Bacyadan, ebenfalls aus den Philippinen, tritt zwar bei den Frauen an, identifiziert sich aber als trans Mann. Cindy Ngamba (Mittelgewicht) war die Fahnenträgerin des Refugee Olympic Teams. Die 27-Jährige, die seit 16 Jahren in England lebt, kommt ursprünglich aus Kamerum, wo Homosexualität verboten ist.
6) Basketball:
Was die queeren Australierinnen im Fußball sind, sind die US-Amerikanerinnen im Basketball: Dem des 9-fachen Olympiasiegers gehören sieben der neun offen lesbischen Spielerinnen im Turnier an. Für Diana Taurasi sind es bereits die sechsten Sommerspiele, für Breanna Stewart und die frisch gebackene Mutter Brittney Griner, die sich nach ihrer 10-monatigen Haft in Russland 2022 zurück ins Nationalteam kämpfte, sind es die dritten. Auch die Nationaltrainerin Cheryl Reeve ist lesbisch, Assistenztrainer Curt Miller ist schwul.
7) Volleyball:
Lesben mögen einfach Ballsportarten: Auch im Volleyball kämpfen (mindestens) acht queere Spielerinnen um Medaillen. Für Brasilien wollen Ana Carolina da Silva, Rosamaria Montibeller und Kapitänin Gabi Guimarães ihren Erfolg von Tokio - Silber - wiederholen oder übertreffen. Wieder dabei ist auch Hayleigh Washington, die mit Team USA 2021 Gold holte und sich im selben Jahr als bi outete. Ebrar Karakurt ist eine der wenigen offen LGBTQ-Profisportler:innen in der Türkei. Als sie nach den Olympischen Spielen in Tokio ein Pärchenfoto mit ihrer Freundin postete, war das ein Riesenthema in den Medien und sie bekam viele Hate-Kommentare, glücklicherweise aber auch viel Unterstützung von ihren Teamkameradinnen und Promis.
8) Im Beachvolleyball vertritt die Brasilianerin Ana Patrícia bisher alleine „Team L“. In ihren zweiten Olympischen Spielen nach Tokio peilt die Weltmeisterin von 2022 mit ihrer Spielpartnerin Duda Bisboa sicherlich eine Medaille an.
9) Rudern:
Die Neuseeländerin Emma Twigg will’s noch mal wissen. In ihren sechsten Olympischen Spielen will die 37-Jährige ihre Goldmedaille im Einer (Tokio 2021) verteidigen. Die Deutsche Tabea Schendekehl gibt ihr Olympia-Debüt im Doppel-Vierer. Team USA bringt fünf queere Rudererinnen mit.
10) Segeln:
Die Österreicherein Lara Vadlau, mehrfache Welt- und Europameisterin in der 470er-Klasse, war schon 2016 in Rio dabei. Danach zog sie sich zunächst vom Segelsport zurück, startet jetzt aber im Mixed-Team mit Lukas Mähr neu durch. Die 30-Jährige ist seit fünf Jahren mit der deutschen Fußballnationalspielerin Lea Schüller zusammen – vielleicht treffen sich die beiden sogar: Der Segelwettbewerb und die beiden ersten Gruppenspiele der Deutschen finden in Marseille statt. UPDATE: Vadlau und Schüller haben sich getrennt - siehe hier.
11) Schwimmen:
Die Brasilianerin Ana Marcela Cunha, unangefochten eine der besten Freiwasserschwimmerinnen aller Zeiten, peilt ihre zweite Goldmedaille über die 10-km-Strecke an. Seit letztem Jahr ist die 32-Jährige mit einer Personaltrainerin verheiratet.
12) Radsport:
Eine echte Veteranin ist Marianne Vos aus den Niederlanden. Die vielfache Welt- und Europameisterin will in ihren fünften Olympischen Spielen ihren Erfolg von 2012 - Gold im Straßenrennen - wiederholen. Vor zwei Jahren outete sie ihre Beziehung mit der Radrennfahrerin Moniek Tenniglo.
Hannah Roberts (USA) holte im BMX-Freestyle olympisches Silber in Tokio. Natalya Diehm, 2021 die erste BMX-Freestylerin aus Australien bei olympischen Spielen, möchte in Paris ihren damaligen fünften Platz möglichst verbessern.
13) Tennis:
Die Argentinierin Nadia Podoroska (Weltranglistenplatz 85), die im Einzel und Doppel antritt, outete sich 2022 gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Guillermina Naya, die ebenfalls Tennisprofi ist. Im Frauen- und Mixed-Doppel sehen wir Demi Schuurs aus den Niederlanden. Die Doppelspezialistin, derzeit auf Weltranglistenplatz 21, war auch schon in Tokio dabei. Die aktuell erfolgreichste Lesbe im Tennis, Daria Kasatkina, verzichtete auf eine Olympia-Teilnahme, auch wenn sie als Russin im Team AIN der „Individual Neutral Athletes“ hätte antreten dürfen.
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