L-Mag

Mit Fahrrad, Freundin und Zelt um die Welt - Wenn Lesben reisen (Teil 3)

Seit einem Jahr ist Ex-L-MAG-Chefredakteurin Dana Müller mit ihrer Freundin unterwegs. 15 Länder und fast 10.000 km liegen hinter ihr. Aus einer Hängematte in Laos schreibt sie heute über Höhen, Tiefen und ihr neues Reisegefühl.

Dana Müller Anke in Kappadokien, einer faszinierenden Felsenlandschaft in der Türkei

Hier geht's direkt zu Teil 1 (Juni 2022) und Teil 2 (September 2022).

Von Dana Müller

8.1.2023 - Abgefahren. Ich bin tatsächlich mit Fahrrad und Freundin in Laos angekommen! Obendrein hat sich nach fast 30 Jahren mein Wunsch endlich erfüllt: Weihnachten und Silvester weit weg vom deutschen Shopping-Trubel. Seit meiner frühen Jugend träume ich davon, dem Endjahres-Stress zu entfliehen und stattdessen mit einem Cocktail in der Hand unter Palmen zu entspannen. Jetzt hat es endlich geklappt. Dafür musste ich „nur“ 9.300 km mit dem Fahrrad strampeln, bei Sonne und Regen, bergauf und bergab, unzählige Male in der Wildnis zelten und 15 Länder in 11 Monaten bereisen.

Doch es hat sich wahrlich gelohnt! Pünktlich am 24. Dezember radelten wir die letzten 75 km nach Laos. So verbrachten wir glücklich und erschöpft das Jahresende auf einer der 4.000 Inseln im Mekong, ganz im Süden des Landes. Es war fantastisch: 30 Grad, Pool und überall leckeres Essen. Nur die weihnachtlichen Plätzchen habe ich dann doch etwas vermisst.

Von Europa nach Asien: Beeindruckende Bilder, kalte Nächte

Meinen letzten Reisebericht für L-MAG schrieb ich Ende September aus der Türkei. Seitdem sahen wir die beeindruckende Landschaft Kappadokiens (mit abgefahrenen Felsformationen, unterirdischen Städten und Ballonfahrten im Sonnenaufgang). Wir rollten am Rand des Kaukasus quer durch Georgien, rasten bei einer exklusiven Jeepfahrt mit den Rangern durch den Oktase Canyon (Georgien), schlenderten mit Freunden durch Tiflis und flogen schließlich Mitte November nach Thailand.

Aber wir kämpften auch mit kalten Nächten (Anfang November ist es doch ganz schön frisch in Georgien), Ankes Ohrenentzündung, einem defekten Handy und heftigen Regenfällen. Nachdem wir mit einigen Hindernissen beim Flug in Bangkok angekommen waren - die Räder und unser gesamtes Gepäck blieben ein paar Tage verschollen -, genossen wir die völlig neue Umgebung.

In den letzten Monaten konnten wir uns an landschaftliche und kulturelle Veränderung ganz im Slow-Traveling-Style gewöhnen, doch plötzlich waren wir 8.000 km östlicher. Eben noch im christlich-orthodoxen, kalten Georgien, schlenderten wir einen Tag später durch das 30 Grad warme Bangkok und bewunderten die vielen buddhistischen Tempel.

Südostasien: Streetfood statt Gaskocher

Von der thailändischen Küste führte uns der Weg Richtung Kambodscha und schließlich nach Laos. In einem Mörderritt rasten wir in drei Wochen durch das wenig touristisch erschlossene Kambodscha und staunten über die riesige Tempelanlage Angkor Wat.

Seit wir in Südostasien sind, hat sich unser Reiseverhalten verändert. Freuten wir uns zuvor auf schöne Wildspots mitten in der Natur, übernachten wir nun oft in privat geführten Gasthäusern oder Hotels. Bei durchschnittlichen 7 bis 10 Euro pro Nacht (für uns beide zusammen) liegen wir dann doch lieber in einem (meist) bequemen Bett. Und was das tägliche Essen angeht, sind wir von selbstgemachten Salaten und Gaskochergerichten auf (nicht immer leckeres) Streetfood umgestiegen.

Dana Müller Jahreswechsel mit Cocktails in Laos: Dana (l.) und Anke

Die Reisekasse erlaubt eine Verlängerung um zwei Monate

Und wir haben sogar ein wenig verlängert. Ursprünglich planten wir, 14 Monate unterwegs zu sein, doch dann kam in der Halbzeit ein Kassensturz - et voilà: dank einem sehr ausgeklügelten Finanzplan mit Excel-Tabelle (alle Kosten werden minutiös aufgelistet) und hilfreicher Spenden von Freund:innen, Familie und sogar einigen Unbekannten (danke, ihr Lieben!) können wir nun zwei Monate länger unterwegs sein.

Das heißt: wir sind noch bis Ende Mai on the Road. Wir strampeln weiter durch Laos, Thailand und schließlich nach Malaysia und Singapur. Den hoffentlich fulminanten Abschluss erleben wir dann in Australien. Pünktlich zum World Pride landen wir Ende Februar in Sydney und verbringen die letzten drei Monate in Down Under.

Da dort die Lebenshaltungskosten exorbitant höher sind, werden wir wieder auf Zelt, Warmshowers (= schlafen bei anderen Radbegeisterten) und Wwoofen (= Arbeiten auf einer Farm) umsteigen. Bis dahin genießen wir nach einem anstrengenden Tag auf dem Rad jeden Komfort, den wir bekommen können.

Schwulenbar in Phnom Pehn und Körpersprache auf Asiatisch

Und was unser Verhalten als lesbisches Paar angeht, sind wir zur Zeit sehr entspannt. Bisher war in Thailand, Kambodscha und Laos die Bevölkerung so zurückhaltend, dass wir beim romantischen Stadtbummel Händchen halten oder uns auf der Straße küssen. In der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh, stolperten wir sogar ausversehen in eine schwule Bar und wurden mit den Worten „Welcome in Gay-Land“ begrüßt. Hach, schön.

Bisher kamen wir mit unseren Fremdsprachenkenntnissen und viel Körpereinsatz recht weit. Doch in Asien verzweifeln wir manchmal an der Kommunikation. Nicht nur Sprache, auch Gestik und Mimik sind völlig unterschiedlich, was immer wieder zu Missverständnissen führt. Beispielsweise sieht die Handgeste für „ist alle“ oder „hab ich nicht“ in Kambodscha eher wie das Winken der ehemaligen Queen aus. Und wenn uns Preise per Finger gezeigt werden, ist manchmal nicht klar: War das jetzt 'ne 7, eine 20 oder 2.000? Denn zwei Finger plus eine ganze Hand können mitunter für 2 und 0 stehen. Und da in Kambodscha parallel zwei Währungen (Riel und US Dollar) herrschen, war alles denkbar.

Podcasts sind fürs Gehirn gut - und Auszeiten für den Hintern

Um dennoch möglichst viel zu verstehen, versuchen wir in jedem Land Geschichte und politische Zusammenhänge zu recherchieren. Bei mindestens fünf Stunden pro Tag auf dem Rad, haben wir viel Zeit für Podcasts oder Hörbücher. So waren wir in Kambodscha schockiert über die Roten Khmer, lernten in Thailand den extrovertierten Lebensstil des Königs kennen (der gerne in bayerischen Luxushotels residiert) und tauchten ein in die sagenumwobenen Geschichte von Angkor Wat. Es ist Wahnsinn, wie vielschichtig und verwoben die Weltgeschichte ist und wie viel wir auf dieser Reise lernen.

Insgesamt sind wir nach all der Zeit zwar manchmal ordentlich erschöpft, aber dennoch dankbar für die vielen Erfahrungen. Morgen geht es wieder auf unsere Räder, immer am Mekong entlang. Nach einer Woche Endjahrespause merken wir, dass längere Auszeiten (es muss auch nicht immer mit Cocktail sein!) nicht nur unserem geschundenen Hintern gut tun. Und den nächsten längeren Stopp gibt es definitiv beim CSD in Sydney …

Dana Müller wird in unregelmäßigen Abständen weiter von ihrer Reise berichten - so erfahrt ihr, ob sie wirklich in Australien ankommt und was sie auf dem Weg dorthin erlebt. Hier könnt ihr Teil 1 (Juni 2022) und Teil 2 (September 2022) ihres Berichts lesen.

Danas und Ankes Reise könnt ihr auch in ihrem Blog Fabulous Female Cyclists und auf Instagram begleiten.

 

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