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Mord an Marielle Franco: Mutmaßliche Drahtzieher verhaftet

Brasilien: Sechs Jahre nach der Ermordung der queeren Politikerin und Aktivistin Marielle Franco in Rio de Janeiro wurden drei Männer verhaftet: Ein Parlamentsabgeordneter, ein hochrangiger Beamter und der Ex-Polizeichef.

Daniel Arrhakis/ CC-BY-NCMarielle Franco (1979-2018)

Von Karin Schupp

25.3.2024 - Am Abend des 14. März 2018 wurde die linke, feministische Stadträtin Aktivistin Marielle Franco in Rio de Janeiro in ihrem Auto ermordet. Der Mörder erschoss die 38-Jährige und ihren Fahrer Anderson Gomes, ihre Assistentin kam mit dem Leben davon. Franco hinterließ ihre Tochter Luyara (heute 25) und ihre Lebensgefährtin Mônica Benício (wir berichteten).

Erst ein Jahr später gelang es der Polizei, den Schützen und seinen Fahrer zu verhaften: Die beiden früheren Militärpolizisten gestanden die Morde und warten seitdem hinter Gittern auf ihren Prozess. Das Motiv blieb unklar, aber es galt als sicher, dass es sich um Auftragsmorde handelte. „Quem mandou matar Marielle?“ (= Wer hat den Mord an Marielle angeordnet?) wurde zu einem Schlachtruf der brasilianischen Linken.

Mordauftrag wegen Francos sozialer Wohnungspolitik?

Am Sonntag wurden nun die mutmaßlichen Drahtzieher verhaftet: der Parlamentsabgeordnete Chiquinho Brazão und sein Bruder Domingos Brazão, Mitglied der Rechnungsprüfungsbehörde im Bundesstaat Rio – bei beiden wird schon lange vermutet, dass sie in das organisierte Verbrechen verwickelt sind. Ebenfalls festgenommen wurde Rios damaliger Polizeichef Rivaldo Babosa.

Die Verhaftungen erfolgten vier Tage, nachdem der Todesschütze einen Deal mit der Staatsanwaltschaft abgeschlossen hatte. Die Beschuldigten streiten jede Beteiligung an den Morden ab.

Die Ermittlungen deuten darauf hin, dass ein Streit um die kommerzielle Nutzung von Bauland in Rio das Hauptmotiv für den Mordauftrag sei: Franco hatte im Stadtrat ein Gesetz zur Regulierung von Grundstücken für den Bau von Sozialwohnungen in der Stadt eingebracht.

Polizeichef soll die Ermittlungen aktiv behindert haben

Babosa wird vorgeworfen, „aktiv die Ermittlungen von denen, die den Mord angeordnet hatten, weggelenkt zu haben“, wie der aktuelle Polizeichef Andrei Rodrigues erklärte.

Francos langjährige Lebensgefährtin Mônica Benício äußerte sich empört: „Rivaldo empfing unsere Familien unmittelbar nach der Ermordung von Marielle und Anderson mit dem zynischen Lächeln, das nur die korrupteste Bürokratie hervorbringen kann, und sagte uns, dass der Fall höchste Priorität habe und so schnell wie möglich gelöst werden müsse“, schrieb sie in einer gemeinsamen Erklärung mit Gomes' Witwe auf X. Er zeige „das Ausmaß des Abgrunds, in dem wir im Bundesstaat Rio de Janeiro leben, mit Institutionen, die weithin in den schlimmsten Netzen von Verbrechen, Korruption und dem Markt des Todes verstrickt sind.“

Benício, die dreizehn Jahre mit Franco liiert war und erst nach deren Tod zur Aktivistin wurde, postete auf Twitter/ X jeden Tag eine Erinnerung an ihre Liebste:

Ministerin Arielle Franco: „Kampf für Gerechtigkeit geht weiter!“

„Heute ist ein historischer Tag für die brasilianische Demokratie“, schrieb Francos Schwester Arielle Franco, seit 2023 Brasiliens Ministerin für ethnische Gleichstellung, im Namen der Familie auf X, und fügte hinzu: „Nichts wird unsere Mari zurückbringen, aber wir sind den Antworten, nach denen wir uns sehnen, einen Schritt näher gekommen! Unser Kampf für Gerechtigkeit geht weiter!“

Die afrobrasilianische Politikerin Marielle Franco, die als Hoffnungsträgerin der Linken galt, wuchs in einer Favela in Rio auf und setzte sich vor allem für die Bewohner:innen dieser Armenviertel ein, die von illegalen Milizen beherrscht werden. Nach ihrem Tod gründete ihre Familie das „Marielle Franco-Institut“, um ihr Engagement und ihre Projekte weiterzuführen.

 

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