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„On Swift Horses“: Queere Sehnsüchte und die Suche nach einem selbstbestimmten Leben

Ab 29. Mai im Kino: „On Swift Horses“ mit Daisy Edgar-Jones und Jacob Elordi erzählt von versteckter Homosexualität in den 1950er Jahren, der Suche nach Freiheit und Liebe und dem Wunsch, aus gesellschaftlichen Zwängen auszubrechen.

Leonine Als der Gaydar noch wichtiger als alles andere war: Daisy Edgar-Jones (r.) als Muriel und die queere Schauspielerin Kat Cunning als Gail

Von Karin Schupp

27.5.2025 - Kansas in den 1950er Jahren: Muriel (Daisy Edgar-Jones) steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Lee (Will Poulter), als dessen charismatischer Bruder Julius (Jacob Elordi) zu Besuch kommt.

Zwischen den beiden funkt es sofort und kurz sieht es so aus, als würde der Film eine Dreiecksliebe zwischen ihr und den beiden Brüdern erzählen. Doch darum geht es ganz und gar nicht: Was Muriel an Julius fasziniert, ist seine Unangepasstheit, seine Ungebundenheit und seine Suche nach Freiheit – ein Lebensentwurf, der so ganz anders ist als der des pflichtbewussten Lee, der von Haus, Garten und Kinderschar träumt.

Muriel brennt nach Unabhängigkeit

Und doch wählt Muriel zunächst den Weg der Stabilität und zieht mit ihrem frisch angetrauten Ehemann nach Kalifornien, während es Julius nach Las Vegas verschlägt.

Nach außen hin bewahrt Muriel die Fassade der braven Ehefrau, innerlich brennt sie jedoch nach Unabhängigkeit und gewinnt heimlich mit Pferdewetten reichlich Geld. Ihr einziger Komplize ist Julius, dem sie ihre Gefühle in Briefen offenbart.

Leonine Muriels lesbische Nachbarin Sandra wird von der queeren Schauspielerin Sasha Calle verkörpert

Julius liebt Henry und Muriel entdeckt ihre lesbischen Gefühle

Der hat ebenfalls ein Geheimnis, von dem auch Muriel nichts weiß: Er ist schwul und findet in seinem Arbeitskollegen Henry (Diego Calva) - vielleicht zum ersten Mal - eine große Liebe. Die sie natürlich verstecken müssen. Doch der Traum eines Neuanfangs an einem anderen Ort erscheint ihm zum ersten Mal vorstellbar...

Und auch Muriel entdeckt ihre Gefühle fürs gleiche Geschlecht. Da ist Gail (Kat Cunning), die sie auf der Pferderennbahn kennen lernt (ein Hoch auf den Gaydar, der damals wichtiger als alles andere war!) und durch die sie vom einzigen queeren Club am Ort erfährt.

Aber ist sie auch zum zweiten Schritt bereit?

Und da ist ihre selbstbewusste Nachbarin Sandra (Sasha Calle), die zu Muriels Faszination offen lesbisch lebt. Hier agiert Muriel überraschend offensiv und macht den ersten Schritt – aber ist sie auch zum zweiten Schritt bereit?

Die Suche nach einem anderen Leben, nach Freiheit, Liebe und Selbstbestimmung in einer Welt voller strenger gesellschaftlicher Normen: Die Verfilmung eines Romans (nicht auf Deutsch erschienen) behandelt die ganz großen Themen, die auch heute noch aktuell sind, auch wenn die Strukturen und Moralvorstellungen weniger rigide sind.

Unbedingt ein Film für die Kinoleinwand!

Mit seiner kraftvollen, stimmungsvollen Bildsprache und erdigen, warmen Farben (unbedingt ein Film für die Kinoleinwand!) zieht On Swift Horses die Zuschauer:innen schnell rein in die Atmosphäre der 1950er Jahre.

Wie Muriel (die ein bisschen wirkt, als wäre Therese aus dem Lesbenklassiker Carol in einem kalifornischen Kaff statt in New York gelandet) in ihrem Gefängnis aus Schweigen, unausgesprochenen Gefühlen und verpassten Möglichkeiten feststeckt, ist nachvollziehbar – allerdings zu dem Preis, dass man ihr auch als Zuschauerin leider weniger nahe kommt als dem extrovertierten Julius (ob sich der schwule Regisseur vielleicht etwas mehr für dessen Geschichte interessierte?).

Beiden, Julius und Muriel, möchte man zurufen, dass sich die Welt für LGBTQ noch zu ihren Lebzeiten ändern wird. Aber immerhin, so viel sei verraten, müssen sie keine Jahrzehnte warten: Der Film endet durchaus hoffnungsfroh.

On Swift Horses, USA 2024, Regie: Daniel Minahan, Buch: Bryce Cass (Romanvorlage: Shannon Pufahl), 119 min., Kinostart: 29. Mai

 

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