Petition für russische LGBT-Aktivistin Yulja: Ihr drohen bis zu sechs Jahre Haft
Die queere Aktivistin Yulja Tsvetkova soll mit harmlosen Zeichnungen von Regenbogenfamilien gegen das „homosexuelle Propaganda“-Gesetz in ihrem Heimatland Russland verstoßen haben. Nun steht ihr Prozess kurz bevor und es drohen bis zu sechs Jahre Haft.
Von Sabine Mahler
29.3.2021 - Bereits im vergangenen März berichtete L-MAG über die queere Aktivistin Yulja Tsvetkova, die gegen das „homosexuelle Propaganda“-Gesetz verstoßen haben soll, indem sie harmlose Bilder von Regenbogenfamilien auf sozialen Medien veröffentlichte. Damals wurde Yulja drei Monate mit einer Fußfessel unter Hausarrest gesetzt.
In L-MAG erzählte sie damals zu den Bedingungen: „Ich lese, schreibe Artikel und Blogeinträge über meine Festnahme, zeichne, schaue Filme und arbeite an ein paar Projekten. Eigentlich das, was alle machen würden, wenn sie so lange zu Hause sitzen müssten. Zusätzlich kümmere ich mich um einige juristische Dinge. Ich habe seit einiger Zeit Zahnschmerzen, und die Polizei erlaubt mir nicht, zum Arzt zu gehen. Abgesehen davon ist der Hausarrest aber ganz erträglich.“
Nach dem Hausarrest folgte eine weitere Anklage
Auch nach dem Hausarrest durfte Yulja nicht reisen und wurde weiterhin verfolgt. Nachdem sie erneut Bilder von Regenbogenfamilien postete, um ihren Protest gegen ein homophobes Video der russischen Regierung zu demonstrieren. Daraufhin wurde sie nun ein weiteres Mal angeklagt.
Währenddessen hat die LGBTQ-Petitionsplattform All Out in Zusammenarbeit mit dem Moscow Community Center eine Kampagne gestartet, um Yulja zu helfen, sich zu wehren.
„Niemand sollte für den Wunsch nach Gleichstellung verfolgt werden“
Matt Beard, der Geschäftsführer von All Out, findet zum Vorgehen der russischen Behörden deutliche Worte: „Die russischen Behörden haben alles versucht, um Yulja einzuschüchtern: Sie durchsuchten ihr Haus, stellten sie für mehr als drei Monate unter Hausarrest, ordneten an, dass sie das Land nicht verlassen darf, verhängten zweimal eine Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das russische ‚Homosexuellen-Propaganda‘-Gesetz und brachten eine erfundene Anklage wegen ‚Verbreitung von Pornografie‘ gegen sie vor. Jetzt kann ihr Prozess jederzeit stattfinden und sie könnte für bis zu sechs Jahre ins Gefängnis gehen. Und das alles nur, weil sie in den sozialen Medien unschuldige Zeichnungen von gleichgeschlechtlichen Familien und Motive zur Förderung von Toleranz und Inklusivität geteilt hat. Niemand sollte strafrechtlich verfolgt werden, nur weil sie ihren Wunsch nach Gleichstellung zum Ausdruck bringen.“
Mit der Petition hofft All Out nun, eine Gefängnisstrafe von Yulja abwenden zu können, denn internationale Aufmerksamkeit kann ein starker Einflussfaktor auf Gerichtsurteile in Russland sein. Yulja berichtete selbst schon im L-MAG-Interview: „Ja, Glasnost ist unsere stärkste Waffe hier, und ich merke wie die Polizei mich anders behandelt, seit mein Fall international bekannt wurde.“
Hier geht's zur Petition für Yulja Tsvetkova
L-MAG Interview mit Yulja Tsvetkova: „Aufhören war nie eine Option“
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