L-Mag

Raus aus der Blase und dem Gegenwind trotzen

Internationaler Frauentag - braucht man den überhaupt noch? Ja!, meint L-MAG-Verlegerin Manuela Kay und erklärt, wieso es gerade heute besonders wichtig ist, sich nicht in internen Diskussionen zu zerfleischen, sondern gemeinsam zu kämpfen.

Tanja Schnitzler

Von Manuela Kay

l-mag.de, 8.3.2017 - Internationaler Frauentag? Das ist doch total überholt – Frauen, Geschlechter und dergleichen gibt es doch gar nicht mehr. Im Post-Gender-Zeitalter braucht doch kein Mensch einen Frauentag – oder? Denkste! Es ist mehr denn je an der Zeit, dem Patriarchat den Stinkefinger zu zeigen. Zur Not mit ganz alten Kampfmethoden wie Demos, Streiks und Separatismus.

Ja, ja, die Kampflesbe wieder ... Total in den 80ern stehen geblieben will sie wieder ihr olles Holzfällerhemd anziehen und auf eine antiquierte „Frauendemo“ gehen, weil sie nicht gemerkt hat, dass das sogenannte binäre System von zwei Geschlechtern längst überholt ist und ein Konzept wie „Frau“ und „Mann“ unqueer und damit unmöglich geworden ist.

Nicht auf unwichtigen Nebenschauplätzen zerfleischen!

Die Kampflesbe weiß dies sehr wohl und findet das Zwei-Geschlechter-System auch überholt. Doch sie merkt im Gegensatz zur Gender-Studies-Queer-Uni-Blase, welcher Wind in diesen Tagen weht: Männer, die sich einfach über die Erkenntnisse der Geschlechterforschung hinwegsetzen, beanspruchen nach wie vor alles, was Spaß macht, Kohle bringt und Macht beinhaltet, für sich.

Sich als Feministinnen bezeichnende Medienschaffende bekriegen sich in einer Schlammschlacht der Eitelkeiten und Beleidigungen und machen damit das Konzept Feminismus an sich lächerlich und unglaubwürdig.

Auf unwichtigen Nebenkriegsschauplätzen wird sich in der Queer-Szene zwischen Lesben und Trans*menschen zerfleischt, zwischen Schwulen und Lesben rumgezickt, zwischen Alten und Jungen die Weisheit beansprucht, und alle werfen sich so lange gegenseitig diverse „-ismen“, von Rassismus bis Sexismus vor, bis alle nicht mehr miteinander sprechen und jede Form von politischem Miteinander gestorben ist.

Außerhalb unserer Blase wird ein neuer Nationalismus salonfähig

Derweil lacht sich das Patriarchat ins Fäustchen und freut sich, dass niemand die wirklichen Feinde bekämpft. Außerhalb unserer von Grabenkämpfen bestimmten Blase wird ein neuer Nationalismus wieder salonfähig, Grenzen werden dichtgemacht, Angst vor allem, was anders ist, geschürt und Anpassung und Gleichheit statt Diversität hochgehalten. Lesben engagieren sich in der AfD, Schwule wählen Trump – und wir glauben, wir müssen uns über Überflüssiges wie die Queer Bild aufregen?

Noch immer weiß in der breiten Masse niemand, was „queer“ eigentlich bedeutet, oder fühlt sich davon in seiner heterosexuellen Komfortzone bedroht. Die Zeit läuft uns davon, und wir können nicht länger warten, dass Erkenntnis und Weisheit vom Himmel fallen.

Kleinsten gemeinsamen Nenner suchen und gemeinsam kämpfen

Wir müssen die Dinge – einmal mehr – selbst in die Hand nehmen, unsere kleinsten gemeinsamen Nenner suchen und einen Internationalen Frauentag dafür nutzen, wofür schon vor über 100 Jahren Frauen, lange vor Gender Studies und „queer“, gekämpft haben – für die Rechte von Frauen, gegen die Verachtung, Herabsetzung und Benachteiligung von Frauen. Denn so lange Geschlechtergrenzen gezogen sind und genutzt werden, um Frauen schlechter als Männer zu behandeln, müssen wir einen Frauentag als Kampftag nutzen.

Denn nur in einer Welt, in der Frauen gut und gleichberechtigt behandelt werden, geht es auch Schwulen und Lesben und Trans* und Bisexuellen gut, sodass wir dann überlegen können, die Geschlechter irgendwann vielleicht mal abzuschaffen.

Manuela Kay ist die Verlegerin und Chefredakteurin von L-MAG und die Herausgeberin des queeren Berliner Stadtmagazins Siegessäule, wo ihr Kommentar zuerst erschien.

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