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Russland: Künstlerin und LGBTQ-Aktivistin vor Gericht - Knast wegen Bildern von Vulven?

Wegen Verbreitung von Pornografie steht in Russland die Künstlerin und LGBTQ-Aktivistin Yulia Tsvektkova vor Gericht: Für bodypositive Zeichnungen und Bildern von Vulven drohen ihr bis zu sechs Jahre Gefängnis. Mit Spenden könnt ihr sie unterstützen.

Anna Khodyreva Yulia Tsvetkova

Von Karin Schupp

9.2.2022 - Seit drei Jahren wird Yulia Tsvetkova in Russland politisch verfolgt, seit dieser Woche steht die Künstlerin, Feministin und LGBTQ-Aktivistin ein weiteres Mal vor Gericht.

Ins Fadenkreuz der Behörden und des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB geriet die 28-Jährige zunächst durch das Kindertheaterstück „Rosa und Blau“ über Genderstereotypen, das bereits vor der für Februar 2019 geplanten Premiere verboten wurde. Begründung: Es verstoße gegen das Verbot von „homosexueller Propaganda“ und propagiere „nicht-traditionelle Werte“.

Dabei „hatte es überhaupt nichts mit LGBT zu tun“, erzählte uns Yulia ein Jahr später im L-MAG-Interview und erklärte: „Für unsere Regierung und die Polizei sind Genderstereotypen gleichbedeutend mit LGBT, sie kennen den Unterschied nicht.“

Regenbogenfamilien, Vulven und bodypositive Bilder

Zum Zeitpunkt unseres Interviews im März 2020 stand Yulia bereits seit drei Monaten unter Hausarrest, weil sie im Internet bodypositive Zeichnungen von Frauen und Bilder von Regenbogenfamilien veröffentlicht hatte. Außerdem hatte sie in ihrem Social Media-Kanal „Vagina Monologe“ (von anderen Künstlerinnen gemalte) Bilder von Vulven gepostet.

Freetsvet.netDie Zeichnung „Living Women have Body Hair: And it's Normal!“ stammt aus Yulia Tsvetkovas Reihe „A woman is not a doll“

Angeklagt wurde sie wegen illegaler Produktion und Verbreitung von pornografischem Material im Internet, was mit einer Gefängnisstrafe von bis zu sechs Jahren bestraft werden kann. Mehrere Geldstrafen musste Yulia bereits bezahlen, seit November 2020 darf sie ihre Heimatsadt Komsomolsk-am-Amur im Osten Russlands nicht verlassen.

Seit Februar 2021 steht Yulia vor Gericht

Entgegen aller Proteste – so wurde im Juli 2020 bei einer Demo vor der russischen Botschaft in Berlin gefordert, alle Anklagen fallen zu lassen, eine entsprechende Kampagne von All Out erreichte über 125.000 Unterschriften – begann vor einem Jahr der Prozess gegen Yulia.

Eine längere Unterbrechung gab es wegen der Überprüfung eines Gutachtens, auf das sich die Anklage stützte: Weil dessen Autorin, eine Kunstwissenschaftlerin, vorbestraft ist, wurde es im vergangenen November vom Gericht abgewiesen.

All Out Das ist eine von Yulia Tsvekovas verbotenen Zeichnungen mit dem Satz „Familie ist, wo Liebe ist. Unterstützt LGBT+-Familien“

Yulia braucht eure Unterstützung!

Der gerichtlich bestimmte neue Gutachter, das „Zentrum für soziokulturelle Analysen“, gibt allerdings keinen Grund zur Hoffnung: Das „Zentrum“ fiel zuvor schon durch Gefälligkeitsgutachten im Verfahren gegen die Punkband Pussy Riot und gegen die jüngst aufgelöste Moskauer Menschenrechtsorganisation „Memorial“ (die Yulia Tsvetkova als politische Gefangene einstufte) auf.

Für den aktuell fortgesetzten Prozess, von dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist (weil „intime Aspekte des Lebens der Angeklagten“ und „pornografische Materialien“ behandelt werden könnten), benötigt Yulia dringend Unterstützung. Sie hat zurzeit kein Einkommen, um für eigene Existenz aufzukommen und Flug und Unterkunft ihres Anwalts zu bezahlen, den sie aus Moskau einfliegen lassen muss.

Via Paypal könnt ihr für Yulia Tsvetkova spenden!

Weitere Informationen über Yulia Tsvetkovas Fall und ihre Kunstprojekte stehen auf dieser deutschsprachigen Unterstützungswebseite.

Ein Dankeschön an Kira Shmyreva und Daria Kolesova, die uns über den aktuellen Stand der Dinge informiert haben!

 

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