Serientipp „Batwoman“: Lesbische Superheldin mit Zeit fürs Liebesleben
Diese Serie hilft uns, die Wartezeit auf „The L Word“ zu überbrücken: „Batwoman“ hat eine lesbische Hauptdarstellerin, wird von einem lesbisch-schwulem Duo produziert - und dass die Superheldin lesbisch ist, wird nie „vergessen“. Jetzt bei Amazon Prime.
Von Karin Schupp
19.12.2019 - Es war der aufregendste TV-Neustart 2019 in den USA: Eine Serie mit einer lesbischer Superheldin, zudem mit einer lesbischen Hauptdarstellerin, ist auch im Jahr 2019 noch eine Sensation - vor allem bei den so genannten Network-Sendern, denn die haben ein sehr breites Publikum (sie werden von fast allen Haushalten empfangen) und kommen deswegen, anders als das Pay TV und die Streamingdienste, eher mainstreamig-brav daher.
Aber The CW, eine dieser fünf Großen, hat nun mal den schwulen Überproduzenten Greg Berlanti unter Vertrag, und der bringt in fast allen seinen Produktionen seit Dawson’s Creek (1998-2003) LGBTQ-Charaktere unter! Aktuell ist er – US-Rekord! - für 15 Serien verantwortlich, und acht davon laufen bei The CW: überwiegend Comic-Adaptionen für eine junge, eher weibliche Zielgruppe.
Das ist es nur logisch, dass nach Sara und Ava in Legends of Tomorrow, Anissa in Black Lightning, Cheryl und Toni in Riverdale und Alex in Supergirl (um nur einige zu nennen) eine lesbische Figur aus dem DC-Comic-Universum jetzt erstmals eine Serie bekommt, die ihren Namen im Titel trägt: Batwoman.
In den Comics ist Batwoman seit 2006 lesbisch
Die Fledermaus, die 1956 zum ersten Mal durch die Comics flatterte, wurde 2006 als Batmans steinreiche lesbische Cousine Kate Kane wiederbelebt, und diese moderne Version diente als Vorlage für die Serie, für die Berlanti die lesbische Showrunnerin Caroline Dries (Vampire Diaries) ins Boot holte.
Kate Kane (Ruby Rose) verlor als Kind ihre Mutter und ihre Zwillingsschwester Beth und flog später von der Militärakademie, weil sie sich weigerte, ihre Beziehung zu ihrer Mitschülerin Sophie (Meagan Tandy) zu verleugnen, nur um ihren Abschluss machen zu dürfen – während Sophie nicht zu ihrer Liebe stand und ihr das Herz brach.
Kate wird zu Batwoman, als Sophie entführt wird
Einige Jahre später kehrt Kate nach Gotham City zurück, wo Chaos herrscht, seit Batwoman spurlos verschwunden ist. Sophie, die inzwischen heterosexuell verheiratet ist, arbeitet bei „The Crow“, der Securityfirma von Kates Vater (Dougray Scott), die die Stadt zu beschützen versucht. Aber als die durchgeknallte Oberschurkin Alice (Rachel Skarsten, Lost Girl) – hinter der Kate ihre für tot erklärte Schwester vermutet - Sophie entführt, greift Kate ein und bedient sich zum ersten Mal am Superhelden-Arsenal ihres Cousins.
Und freundet sich danach zögerlich mit ihrer neuen Rolle als Batwoman an. Wobei sie sich, das muss man sagen, mit Perücke und Maske optisch deutlich mehr Mühe als ihre Kollegin Supergirl gibt, ihre wahre Identität zu verbergen.
Kate ist - anders als in den Comics - nicht verlobt
Auch sonst gibt es wenige Parallelen zu Supergirl, die mitunter wie eine bonbonbunte Familienserie erzählt ist und deren Heldin ein wahres Sonnenscheinchen ist. Die Batwoman-Welt orientiert sich visuell sehr an der Comic-Ästhetik, ist düster, in Schwarz- und Grautönen gehalten und kommt, von Kates nerdigem Sidekick Luke Fox (Camrus Johnson) abgesehen, ohne Comic Relief aus: In Gotham wird eben nicht gespaßt.
Die Werktreue geht allerdings, zumindest im vorliegenden ersten Drittel der Staffel, auf Kosten der Spritzigkeit, Dynamik und Handlungsdichte. Wen die Haupthandlung um Batwomans Jagd auf Alice nicht fesselt, wird eigenständige Nebenplots der anderen Charaktere vermissen.
Auch inhaltlich hält sich Batwoman recht stark an die Vorlage, weicht aber in einem wichtigen Punkt davon ab: Die Comic-Kate ist mit der Polizistin Maggie Sawyer verlobt, die im The CW-Universum aber bereits die große Liebe von Supergirls Schwester Alex war (und auch die der Fans!), sodass sie trotz deren Trennung wohl nicht als Kates Frau akzeptiert werden würde.
Lesbische Identität wird nicht nur behauptet, sondern erzählt
Stattdessen schmachtet Kate Sophie hinterher, und dass die Liebe zwischen den beiden längst nicht erloschen ist, wird spürbar („Ich glaube, sie ist lesbisch, will es sich aber nicht eingestehen“, sagte auch Sophie-Darstellerin Meagan Tandy der Webseite TVLine), wenn auch das potenzielle Happy End sicherlich noch so lange wie möglich hinausgezögert wird - typisch Serie halt.
Was andere Serien aber als dankbaren Vorwand benutzen würden, ihrer lesbischen Hauptfigur ein Liebesleben vorzuenthalten, läuft das in Batwoman anders: Kate bändelt schon in Folge 3 mit einer anderen Frau an (mit ihrer Oben-ohne-im-Bett-Szene - siehe Foto - lotete Batwoman zur Freude der Fans die prüden Grenzen des Network-Fernsehens aus!) und bekommt in Folge 7 Besuch von einer weiteren Ex. „Wir wollten Kate nicht kastrieren“, erklärte Dries der Webseite EW. „Sie hat diese komplizierte Beziehung zu Sophie, aber Teil ihres Charakters ist für mich auch, dass sie Freundinnen hat. Dass sie Dates hat.“
Es ist sehr erfreulich, dass die Serie Kates lesbische Identität nicht nur behauptet und nach kurzer Zeit wieder „vergisst“ - so kennt man's ja aus anderen Produktionen -, sondern, ganz im Gegenteil, immer wieder thematisiert, etwa wenn in Rückblenden Kates und Sophies Beziehung (und ihr Ende) an der Militärakademie gezeigt wird oder Kate nach einer homophoben Erfahrung in einem Restaurant beschließt, direkt gegenüber eine queere Bar zu eröffnen.
Ruby Rose macht ihre Sache gut
Vor allem in diesen Szenen glänzt Ruby Rose, aber auch sonst macht sie ihre Sache gut. Das dürfte eigentlich nicht überraschen – ein Sender würde da schließlich kein Risiko eingehen -, muss aber erwähnt werden, da ihr Casting im August 2018 einen kleinen Shitstorm auslöste und auch von vielen Lesben kritisiert wurde.
Klar, die lesbische Australierin ist bisher vor allem als Model und durch ihre Frauengeschichten bekannt (obwohl: da gab’s lange nichts mehr!) und spielte zuvor nur Nebenrollen. Aber durch Auftritte in Actionfilm-Reihen wie John Wick, xXx und Resident Evil ist sie im Thema und steht ihren Superhero-Kolleg:innen alles in allem in nichts nach (und seien wir ehrlich: in diesem Genre tummeln sich ohnehin keine Oscarkandidat:innen).
Bei The CW läuft Batwoman jedenfalls gut, sodass der Sender schon kurz nach Start eine komplette Staffel mit 22 Folgen in Auftrag gab, und eine zweite Staffel scheint zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich. Es sieht so aus, als sei die lesbische Superheldin gekommen, um zu bleiben!
Bei Amazon Prime stehen ab 20. Dezember die ersten acht Folgen (dt. Synchronfassung/ engl. Originalversion). Die restlichen 14 Episoden (die auch in den USA erst 2020 ausgestrahlt werden) folgen im Laufe des nächsten Jahres.
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