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Tag der Bisexualität: Die rosa-blau-lila Flagge zeigen

Unsichtbarkeit, Unwissenheit, Mobbing, auch innerhalb der LGBTQ-Community: darunter leiden viele Bisexuelle. Bi+Aktivist:innen wollen das jetzt ändern, organisieren in Hamburg den ersten Bi+Pride und bundesweit begleitende Veranstaltungen.

Canva

Von Ulrike Raimer-Nolte

17.9.2022 - Am 23. September, dem internationalen Tag der Bisexualität, werden vor vielen Rathäusern in Deutschland (hier stehen die Orte) ungewöhnliche Fahnen im Wind flattern: gestreift in Rosa, Blau, Lila. Die drei Farben des Banners stehen weltweit für Queer + Hetero = Bi. Gleichzeitig wird es auch symbolische Flaggenhissungen im Internet geben.

Verantwortlich für diese Aktion ist die vor zwei Jahren gegründete Gruppe Bi+Pride, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Bisexualität und Pansexualität sichtbarer zu machen. Zu diesem Zweck gibt es am 24. September auch eine eigene CSD-Demo in Hamburg und bundesweit ein buntes Programm aus Rahmenveranstaltungen.

Denn während Lesben und Schwule vermehrt in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und den Medien auftauchen, gilt das für Bisexuelle so gut wie gar nicht. Ein Männerpaar gilt automatisch als schwul, ein Frauenpaar als lesbisch und alle anderen als hetero. Dafür gibt es sogar ein eigenes Wort: „Bi+Erasure“.

„Es wird erwartet, dass ich meine Sexualität irgendwie beweise“

„Das kann sehr nerven!“, erklärt Silvia (36), die bei der Orga und als Ordnerin bei der Demo hilft. Sie kommt aus der Filmbranche, engagiert sich politisch und passt in kein Klischee. „Weil ich anscheinend eher heterosexuell gelesen werde, wird immer wieder erwartet, dass ich meine Sexualität irgendwie beweise.“

Da Bisexuelle als eigene Minderheit kaum auftreten, werden sie auch in so wichtigen Bereichen wie Politik, Wissenschaft und finanzielle Förderung gewöhnlich vergessen. Die Aktivist:innengruppe hat deshalb einen Katalog von Forderungen aufgestellt und will durchsetzen, dass Bi+Menschen in Zukunft beispielsweise im Asylrecht, der Schulaufklärung und Genderforschung berücksichtigt werden.

Bisexuelle leben deutlich seltener geoutet, werden öfter gemobbt oder attackiert. Gerade bei Jugendlichen ist die Verunsicherung groß. Selbst die queere Community ist nicht unbedingt ein sicherer Ort. Allzu oft wird dort gefordert, sich endlich zu entscheiden und aus dem Schrank zu kommen - und wenn Bisexuelle bei einer neuen Beziehung „ins andere Lager wechseln“, wird das als eine Art Verrat empfunden. Noch dazu kursieren über Bisexuelle alle möglichen seltsamen Zerrbilder in den Medien und den Köpfen.

Viele Klischees - Aufklärungsarbeit ist dringend nötig

Silvia erzählt von ihrem Coming-out bei einer Freundin, die aus allen Wolken fiel, weil sie gar nicht „so sexy und verführerisch aussehe wie Bisexuelle normalerweise.“ Viel zu oft wird bei dem Thema aus reiner Unwissenheit automatisch an „Flotte Dreier“ und sexuelle Abenteuer gedacht.

Dabei besitzt die Bi+Community eine enorm große Bandbreite an Lebensentwürfen und bei Umfragen ordnen sich ganze 21% der deutschen Erwachsenen ins bi+sexuelle Spektrum ein. Für Silvia bedeutet es ganz schlicht, „dass ich mich in den Menschen und nicht das Gender oder Geschlecht verliebe.“

Aufklärungsarbeit ist also dringend nötig. Und da hat die Gruppe noch viel vor. Rund um den internationalen Tag der Bisexualität sind bereits eine Reihe von Online- und Offline-Veranstaltungen geplant, auch danach soll es mit ähnlichem Tempo weitergehen. Termine und Infos gibt es auf der Website der Gruppe und in den Sozialen Medien.

Bisher konzentriert sich die Arbeit vor allem auf Hamburg, und das Kern-Team besteht aus nur elf Personen. Zur Demo werden ungefähr 1000 Menschen erwartet, im Gegensatz zu den ca. 200.000 beim normalen CSD. Doch das ist hoffentlich bloß der Anfang. „Die bestehenden Vorurteile können wir nur abschaffen, indem bisexuelle Menschen sichtbarer werden ... egal, mit wem sie gerade zusammen sind“, sagt Silvia. „Und über mehr helfende Hände freuen wir uns immer!“

Demo: Bi+Pride Hamburg, 24. Sept., 12 Uhr(Kundgebung), 12:30 Uhr (Demostart), Lange Reihe 101-99

Weitere Veranstaltungen (Auswahl):

Hamburg: Queere Märchenlesung, 18. Sep., 16 Uhr, Museum Altona - hier liest unter anderem auch unsere Autorin Ulrike Raimer-Nolte aus ihrem Buch „Märchenhaft: Das Buch voller tollkühner Maiden und lieblicher Prinzen“

Hamburg: Bi+sexual Speeddating, 20. Sept., 18 Uhr, Schorsch, Rostocker Str. 7

Köln, Bi+Empowerment-Tag mit Zine-Basteln, 25. Sept., 11-18 Uhr, Alte Feuerwache

Alle Termine und weitere Infos auf bipride.de

 

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