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Warum so schüchtern, Ellen?

Für ihr Netflix-Special „Relatable“ stand Ellen DeGeneres nach langer Stand-Up-Pause wieder auf der Comedy-Bühne. Ihre Show ist amüsant, aber ein wenig belanglos und lässt, anders als andere lesbische Comedy-Stars, homosexuelle Themen weitgehend aus.

Netflix

Von Hannah Geiger

26.12.2018 - Im Jahr 2018 hat Netflix lesbische Stand-Up-Comediennes entdeckt: Tig Notaro feierte mit ihrer einstündigen Show Happy to Be Here einen großen Erfolg, und auch Hannah Gadsby schaffte mit Nanette ihren internationalen Durchbruch. Jetzt also auch noch Ellen DeGeneres, die lesbische Comedy-Queen. Mit ihrer Show Relatable, was so viel heißt wie „nahbar“, eröffnet sie die Frage, ob sie trotz ihrer großen Bekanntheit und den nicht wenigen Millionen auf dem Konto für ihr Publikum noch authentisch genug ist.

Ellens Fazit nach dem Einstieg: Klar ist sie noch „relatable“, sie kennt die gleichen Alltagsprobleme wie alle anderen, demonstrativ ahmt sie nach, wie sie auf dem Badteppich Richtung Schrank rutscht, um zum Handtuch zu gelangen. Einziger Unterschied zum Rest der Bevölkerung: Nicht sie hat vergessen, das Handtuch rauszulegen, sondern ihr Butler.

Leichte Anekdoten, unterhaltsame Pointen, sogar eine kleine Tanzeinlage bestimmen das 68-minütige Programm. Klingt simpel? Ist es auch ein bisschen. Es gibt zwar durchaus unterhaltsame Episoden, aber man kommt nicht umher, abzuschweifen. Es ist ein wenig ZU relatable, der Gang ins Restaurant, witzige Situationen mit den Kellner_innen – die Pointen verschwinden ein wenig in der Bedeutungslosigkeit.

Und es gibt auch Momente, die verärgern. So zum Beispiel die Namenswahl des Butlers „Betu“, was wohl darauf hindeuten soll, dass er nicht weiß ist. Das Gedankenspiel, dass sie sich von ihrem Schwarzen oder PoC-Butler in ihrer Villa bedienen lässt, gibt eher ein müdes antirassistisches Gähnen als einen Lacher. Rassismus ist einfach nicht lustig.

Von einem LESBISCHEN Megastar wie Ellen, und vor allem nach den großen Auftritten von Tig Notaro und Hannah Gadsby, die in ihren Stücken nicht nur Alltagsprobleme behandeln, sondern mit Themen wie Homophobie und dem Umgang mit Vorurteilen eine starke Strahlkraft in die LGBT-Community haben, hätte man dann doch mehr erwartet. Was wir jetzt bekommen haben, ist nett. Aber viel mehr auch nicht.

Tiefergehende Episoden über die Zeit kurz nach ihrem Coming-out, als Ellen drei Jahre lange keine Jobangebote mehr bekommen hat, bleiben aus. Sie erwähnt es – bleibt aber oberflächlich. Es wirkt, als sei Lesbischsein für sie inzwischen mehr eine lustige Anekdote als eine Realität, der sie sich tagtäglich stellen muss. Als ultrareicher Showstar auch kein Wunder, aber ist sie dann wirklich noch „relatable“? Sie könnte es sein, aber dafür müsste sie sich auch den unangenehmen Seiten des Lebens stellen.

Ellen DeGeneres: Relatable, 2018, exklusiv bei Netflix, Englisch mit dt. Untertiteln

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