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Weil Paula zwei Mamas hat: Lesbisches Paar kämpft vor Gericht für gemeinsame Elternschaft

Muss die automatische Vaterschaftsanerkennung im Gesetzbuch nicht auch für verheiratete Mütterpaare gelten? Vorm Oberlandesgericht in Celle wurde gestern der Fall eines Lesbenpaars verhandelt, während auf Twitter der Hashtag #PaulaHatZweiMamas trendete.

freepik

Von Franziska Schulteß

14.1.2021 - #PaulaHatZweiMamas: unter diesem Hashtag bekunden derzeit zahlreiche User*innen in sozialen Medien ihre Unterstützung für Gesa Teichert-Akkermann und ihre Ehefrau Verena Akkermann. Am Mittwochmorgen schaffte es der Tag sogar in die Top Trends auf Twitter. „Danke euch allen, die uns unterstützen“, freut sich Teichert-Akkermann in einem Post.

Der Hintergrund: die beiden Frauen haben mit Paula eine gemeinsame Tochter – jedoch nicht die gemeinsame Anerkennung als Eltern. Denn in Deutschland werden Regenbogenfamilien immer noch nicht gleichbehandelt. Dagegen wollte das Frauenpaar sich juristisch wehren und klagte gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Klage schon in zweiter Instanz

Anders als bei hetero Paaren, die eine zweite Elternschaft (als „Vaterschaft“) einfach eintragen lassen können – unabhängig davon, ob der Partner oder Ehemann wirklich der „biologische“ Vater des Kindes ist –, ist die Eintragung von zwei Müttern in eine Geburtsurkunde in Deutschland nicht möglich. Das heißt: auch bei verheirateten lesbischen Paaren muss die Mutter, die das Kind nicht geboren hat, dieses erst in einem langwierigen Prozess adoptieren und gegenüber den Ämtern ihre „Eignung“ als zweites Elternteil nachweisen.

Am gestrigen Mittwoch stand in ihrem Verfahren der bisher wichtigste Gerichtstermin an: ein Erörterungstermin am Oberlandesgericht (OLG) in Celle. Zuvor hatten Amtsgerichte in Hildesheim und Hannover Anträge der Familie in erster Instanz zurückgewiesen.

Teichert/ TwitterVerena Akkermann und Gesa Teichert-Akkermann mit ihrer Anwältin Lucy Chebout und Lea Beckmann von der GFF (v.l.n.r.) auf dem Weg zur Anhörung

OLG beschäftigt sich „sehr ernsthaft und umfassend“ mit dem Thema

Laut GFF werde es in dem Verfahrung um die Frage gehen, ob die Regelung zur Vaterschaftsanerkennung eines Ehemannes im Bürgerlichen Gesetzbuch adäquat auch für Verena Akkermann als Ehefrau der Mutter gelten muss.

Kurz nach dem Termin beim OLG Celle erklärte Gesa Teichert-Akkermann: „Wir haben dem Gericht heute ganz persönlich geschildert, was es für Paula und uns bedeutet, dass queere Familien bei der Anerkennung von Elternschaft diskriminiert werden.“ Die Rechtsanwältin des Elternpaares, Lucy Chebout, ergänzte: „Der heutige Erörterungstermin hat noch einmal gezeigt, dass sich das Oberlandesgericht sehr ernsthaft und umfassend mit unseren Argumenten auseinander setzt.“

Mit einer Entscheidung des Gerichts ist laut Anfrage der dpa innerhalb der nächsten Wochen zu rechnen.

Könnte bis zum Bundesverfassungsgericht gehen

Lehnt das Gericht die Anträge ab, könnte der Fall im Anschluss entweder noch zum Bundesgerichtshof gehen, oder es könnte der Weg zu einer Beschwerde direkt beim Bundesverfassungsgericht frei werden.

Von Letzterem versprechen sich die GFF und queere Verbände viel: denn Entscheidungen des Verfassungsgerichts haben in der Vergangenheit schon mehrfach dafür gesorgt, LGBTI*-Rechte in Deutschland durchzusetzen, wie etwa 2017 in Bezug auf den dritten Geschlechtseintrag „divers“.

Politisch tut sich bislang zu wenig

Einen solchen Druck seitens der Gerichte scheint es in Bezug auf das Abstammungsrecht zu brauchen. Zwar gibt es immer mal wieder politische Vorstöße, wie zuletzt im August mit einem Reformvorschlag zum Sorgerecht von Justizministerin Christine Lambrecht (wir berichteten). Laut dem Gesetzesentwurf soll es möglich werden, zwei Mütter für ein Kind analog zur „Vaterschaftserklärung“ eintragen zu lassen. Wann und ob Lambrechts Vorschlag umgesetzt werden wird, ist jedoch völlig offen.

2019 scheiterte bereits ein ähnlicher Entwurf der damaligen Justizministerin Katarina Barley (wir berichteten). Und Kritik an Lambrechts Entwurf kam auch von einigen queeren Verbänden: der vorgeschlagene Gesetzestext verpasse die Chance, zugleich auch die Rechte von trans*, inter* oder nicht binären Eltern zu stärken, deren Status in Bezug auf ein gemeinsames Kind oft ebenso unsicher ist.

Neben Teichert-Akkermann und Akkermann klagen momentan noch ein paar weitere queere Paare im Rahmen der Initiative #nodoption, auf der Kampagnenplattform AllOut kann man für die Prozesskosten spenden.

*Hinweis: In einer ersten Version des Textes war von „Sorgerecht“ statt „gemeinsamer Elternschaft“ die Rede. Das war juristisch nicht ganz treffend, die Formulierung wurde entsprechend geändert.

 

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