L-Mag

Wie queer ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD?

Überraschend haben sich CDU/CSU und SPD noch vor Ostern auf einen Koalitionsvertrag einigen können. Doch was steht drin in Sachen Queer- und Frauenpolitik? Nicht viel, das steht fest – aber es hätte auch schlimmer können.

Imago/ Christian Ditsch

Von Dana Müller

12.4.2025 - „Ein Zurück wird es mit uns nicht geben“, hieß es ganz klar im Parteiprogramm der SPD und das galt insbesondere auch für queere Themen. Doch was ist davon im Koalitionsvertrag mit CDU/ CSU, der seit dem 9. April vorliegt, übrig geblieben?

Während die Sozialdemokraten den Aktionsplan „Queer leben“, die Erweiterung des Artikel 3 des Grundgesetzes um die sexuelle Identität und das Abstammungsrecht auf ihrer Agenda hatten, forderten die Christdemokraten im Wahlkampf ein Verbot von „Gendersprache“ im öffentlichen Raum und griffen das Selbstbestimmungsgesetz an. Wie sind diese beide Parteien nun zusammengekommen?

Eins steht fest: Viel Politik für LGBTIQ* hat es nicht in den Koalitionsvertrag geschafft. Schade! Gerade zweimal findet sich das Wort „queer“ in den 144 Seiten und LGBT (oder ähnliche Akronyme) taucht gleich gar nicht auf.

Keine Änderung des Abstammungsrechts

Immerhin heißt es im Text: „Wir verpflichten uns weiterhin, queeres Leben vor Diskriminierung zu schützen. Es muss für alle Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung selbstverständlich sein, gleichberechtigt, diskriminierungs- und gewaltfrei leben zu können.“ Um das zu ermöglichen, soll es „entsprechende Maßnahmen“ geben. Mit dieser schwammigen Formulierung hält sich die SPD offensichtlich ein Hintertürchen auf, um doch noch queere Politik umsetzen zu können.

Das seit Jahren hart umkämpfte Abstammungsrecht hat es nicht explizit auf die Agenda geschafft. So bleibt die ärgerliche Stiefkindadoption für lesbische Paare mit Kindern wohl auch die nächsten vier Jahre bestehen. Ebenfalls nicht erwähnt wird der Paragraph 218 StGB, den die SPD im Wahlkampf noch abschaffen wollte, und so wird es wohl wieder keine endgültige Regelung zum Schwangerschaftsabbruch geben.

Obwohl die CDU im Selbstbestimmungsgesetz (Änderung des Geschlechtseintrages) nach wie vor das Kindeswohl gefährdet und bei Erwachsenen eine „beliebige Identitätspolitik“ sieht, konnten sich die beiden Parteien auf eine Evaluation bis Juli 2026 einigen, die eh schon vorgesehen war.

Auch die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle und das antirassistische Bundesprogramm „Demokratie lieben“ werden fortgesetzt.

Ein Fokus auf Frauenpolitik

Frauen tauchen immerhin satte 40 mal im Vertrag auf! Bereits in der Präambel heißt es: „Die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft und deren Durchsetzung ist zentrales Anliegen unserer gesamten Regierungsarbeit.“ So sollen im öffentlichen Dienst mehr Frauen in Führungspositionen kommen, und auch in Wirtschaft und Politik soll sich der weibliche Anteil deutlich erhöhen.

Ein konkretes Ziel aus dem SPD-Parteiprogramm hat es in den Koalitionsvertrag geschafft: gleicher Lohn für gleiche Arbeit soll bis 2030 verwirklicht sein. In der Außenpolitik sollen Frauenrechte (beispielsweise in Syrien und dem Iran) gestärkt werden. Mit dabei ist auch die Förderung von Frauensport und der Frauenfußball-EM (2.-27. Juli 2025) sowie der Einsatz für die EU-weite Ratifizierung der Istanbul-Konvention (Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen).

Auch wenn die CDU künftig das für queere Belange entscheidende Ministerium Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) führt und sich SPDqueer schon enttäuscht bezüglich queerpolitischer Themen äußerte, sind wir doch insgesamt glimpflich davon gekommen. Den eklatanten Rückschritt, den das Parteiprogramm der CDU/CSU für Frauen und Queers befürchten ließ, wird es voraussichtlich nicht geben – große Fortschritte aber auch nicht.

 

Die aktuelle Ausgabe der L-MAG  erhältlich am Kiosk (Kiosk-Suche), im Abo, als e-Paper und bei Readly.

Aktuelles Heft

Schöner leben mit Samtpfote und Co - ab 2. Mai am Kiosk

Tierische Begleiter, Melissa Etheridge im Interview, die besten lesbischen Sexszenen der Filmgeschichte, aktuelle Filmstarts und Serien, Fotostrecke „Hot Shots" von Jennifer Gillmor aus Kanada hier abonnieren!




Bleibt standhaft!

 

Unsere Leser:innen sind unser größter Schatz und unser größter Rückhalt. Helft uns, damit wir diese Zeiten durchstehen, die in politischer wie finanzieller Hinsicht nicht einfach sind. Journalismus, der nicht nur in Social Media Bubbles stattfindet, unabhängig ist und dialogbereit bleibt, hat es zunehmend schwer..

Unterstützt unsere Arbeit!

Vielen Dank!
Euer L-MAG-Team

 

 


L-MAG.de finde ich gut!

Bleibt standhaft!

 

Unsere Leser:innen sind unser größter Schatz und unser größter Rückhalt. Helft uns, damit wir diese Zeiten durchstehen, die in politischer wie finanzieller Hinsicht nicht einfach sind. Journalismus, der nicht nur in Social Media Bubbles stattfindet, unabhängig ist und dialogbereit bleibt, hat es zunehmend schwer..

Unterstützt unsere Arbeit!

Vielen Dank!
Euer L-MAG-Team

 

 


L-MAG.de finde ich gut!
x