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„Zarah: Wilde Jahre“ – Emanzen-Alarm beim ZDF

Ganz neue Töne vom ZDF: In der Serie „Zarah: Wilde Jahre" - ein Stück Emanzipationsgeschichte der 70er Jahre - behauptet sich eine feministische Journalistin in einer Männerbastion, und in die Verlegertochter verlieben darf sie sich auch (Start: 5. Sept.)

ZDF/ Georges Pauly Eine lesbische Affäre mitten in der Redaktion bleibt natürlich nicht unbeobachtet: Zarah (Claudia Eisinger, l.) und Jenny (Svenja Jung), im Hintergrund Chefsekretärin Jansen (Theresa Underberg)

Von Dana Müller

7.9.2017 - „Hartwig, wenn Sie mich noch einmal Hausfrau nennen, schneide ich Ihnen die Eier ab!“ Zarah Wolf (Claudia Eisinger) ist eine schlagfertige, eloquente und eiserne Journalistin. Als emanzipierte und starke Frau beißt sie sich Anfang der 70er Jahre durch eine absolut männerdominierte Welt – Frauen gehören in dieser Zeit in die heimische Küche, sind Sekretärinnen und haben in Spitzenjobs einfach nichts zu suchen. Eine Frau in einer Führungsposition? Undenkbar für die selbstgerechten Männerbünde und -seilschaften.

Doch Zarah schafft ihren Weg als feministische Aktivistin und Buchautorin an die Spitze. Ihre Werke „Die ungehorsame Frau“ und „Die dominante Frau“ sind internationale Bestseller. Es ist eine bewegende Zeit voller Aufbruchstimmung, in der die zweite Welle der Frauenbewegung auch in Deutschland Fahrt aufnimmt. Heterofrauen und Lesben verbünden sich, gehen auf die Straße und wollen Ungerechtigkeiten wie den Paragraf 218, der Abtreibung verbietet, abgeschafft wissen.

Vorzeige-Feministin soll das Image der Zeitschrift aufpolieren

Der gewiefte Zeitschriftenverleger Frederik Olsen, gespielt von Uwe Preuss, holt sich in dieser Zeit für seine auflagenstarke Illustrierte Relevant (stark angelehnt an den Stern) die Vorzeige-Kämpferin Zarah ins Hamburger Verlagshaus – als erste weibliche Führungskraft. Sie soll als stellvertretende Chefredakteurin frischen Wind, neue Ideen und einen weiblichen Blick in das Hochglanzmagazin bringen.

Olsen will sie zur mächtigsten Frau in Deutschland machen und damit gleichzeitig das Image der Zeitschrift aufpolieren. Und das in einer Zeit, als Frauen ohne die Zustimmung des Ehemannes noch nicht einmal arbeiten durften (dieses Gesetz wurde erst 1977 abgeschafft)!

Emanzipatorisch, geschichtsträchtig, spannend

Aus heutiger Sicht scheinen viele Szenen der neuen ZDF-Primetime-Serie fast absurd. Wie eben die, in der ein Kulturredakteur seine Vorgesetzte in aller Öffentlichkeit ganz selbstverständlich als Hausfrau bezeichnet und ihr jegliche journalistische Kompetenz abspricht, weil er selbst gern das Interview mit der angesagten Schauspielerin hätte. Dass Zarah daraufhin so bildlich und radikal mit Worten seine Männlichkeit angreift, ist nur allzu verständlich.

Mit der Serie Zarah: Wilde Jahre hat sich das ZDF ein wahrlich bahnbrechendes Abendprogramm für das deutsche Fernsehen überlegt. Die sechs Folgen der emanzipatorischen, geschichtsträchtigen und spannenden Serie laufen ab heute jeden Donnerstag um 21 Uhr (nach der komödiantisch-banalen Familienserie Pubertier), und es ist zu hoffen, dass Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer dieses wichtige Stück Emanzipationsgeschichte verfolgen und etwas über Feminismus lernen.

Zwischen Zarah und der Verlegertochter Jenny funkt es

Behandelt werden Themen wie das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Frau, die große Debatte um den Abtreibungsparagrafen 218, Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Justizgewalt, Prostitution - und als ob der feministische Plot allein nicht schon genügend Sprengstoff bietet, funkt es zudem zwischen Zarah und der jungen Verlegertochter Jenny (Svenja Jung), die ein Volontariat in der Redaktion bekommt.

Svenja Jung (Fucking Berlin) ist begeistert von ihrer Rolle: „Jenny ist wie ein Schmetterling, die nicht richtig weiß, was sie möchte. Erst rennt sie nach vorne und dann geht sie doch wieder zurück. Sie ist für alle Seiten offen“, sagt die Nachwuchsschauspielerin im L-MAG-Interview. "Zarah dagegen ist eine starke Frau mit einer klaren Identität. Sie weiß, was sie will. Das ist der Grund, warum Jenny sich in Zarah verliebt oder für sie schwärmt."

Endlich bricht das ZDF mal wieder mit piefigen Sehgewohnheiten und zeigt, wie schon einmal im legendären Jahre 1975 – als mit Anna und Edith erstmals eine lesbische Geschichte im deutschen Fernsehen gezeigt wurde –, wie progressives und aufklärerisches Fernsehprogramm aussehen kann. „Alle Charaktere sind so vielschichtig. Jeder hat seine eigene Geschichte. Deshalb muss man wirklich alle sechs Folgen sehen“, erklärt Jung, mitgerissen von der Story, „Ich wünsche mir, dass alle bis zum Schluss dranbleiben. Denn erst, wenn man alle Folgen gesehen hat, bekommt man ein Bild von dieser Welt.“

Zarah: Wilde Jahre, mit Claudia Eisinger, Svenja Jung, Uwe Preuss, Torben Liebrecht, Ole Puppe u.a., ab 7. Sept.: Do., 21:00 Uhr im ZDF

 

Dieser Artikel wurde, leicht gekürzt, dem aktuellen L-MAG (Sep./ Okt. 2017, hier erhältlich) entnommen. Weitere Themen: The L Word kommt zurück, ein Überblick über die queeren Filmfestivals im Herbst, die wichtigsten Infos zur Ehe-Öffnung am 1. Oktober, Lesben und ihre Tattoos und mehr!

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