Zwischen Partys, Regenbogen-Pizza und Polizisten
"Happy Pride" schallte es am Wochenende im kanadischen Toronto aus allen Ecken. Auch L-MAG hörte den Ruf, stürzte sich mit viel Spaß ins Pride-Wochenende und brachte spannende Eindrücke und viele Bilder mit.
Von Dana Müller
l-mag.de, 26.6.2017 - „Happy Pride“ schallt es aus jeder Ecke. Während in Istanbul der Pride kurzfristig verboten wurde und die Polizei widerständige Aktivistinnen und Aktivisten attackierten und verhafteten, wird er in Toronto von vielen überraschenden Seiten unterstützt.
Kaum ein Geschäft, Hotel, Restaurant oder Unternehmen, das nicht Teil der CSD-Saison sein will. All die großen Marken - von Schuhlabels über Kaffee-Ketten und Hotels - sind auf den Pride eingestellt. Die Kreativität ist schier unfassbar. Egal ob Donuts, Torten, Schuhe oder der Pizzabelag, die Stadt brüllt aus jedem Winkel „Proud to pride“ (stolz auf den CSD).
Exklusiver L-MAG-Clip:
Am Startpunkt des Dyke Marchs und der LGBT-Parade prangen vier riesige Werbebanner von Netflix mit Orange is the New Black in Regenbogen und der Botschaft „Stand up“ (Steh auf).
Politik oder Party – Was braucht der Pride?
„Ja, ja die machen damit halt Geschäfte“, winkt eine Besucherin des Dyke Marchs ab. Oder „Wie homo kann eine Pizza schon sein?“, fragt sich Jade von CLGDA (Canadian Lesbian and Gay Archives) bei einer Tour durch das queere Viertel der Stadt.
Viele LGBT aus Toronto stehen dem ganzen Regenbogenrausch kritisch gegenüber. Denn letztendlich ist es für all die Läden natürlich Business: Je mehr sie am Pride teilnehmen und Unterstützung suggerieren, je mehr Geld wird in die Kassen gespült. Und doch: Etwas vergleichbares gibt es in Deutschland nicht.
Trans*March, Dyke March und Pride Parade
Knapp einen Monat dauerte das ganze Spektakel in der größten Stadt Kanadas. Am Abschlusswochenende waren gleich drei große Demos geboten. Am Freitag der Trans*March, gefolgt vom Dyke March (am Samstag) und schließlich am Sonntag die riesige Pride Parade. Obendrauf gab's das ganze Wochenende Straßenfest und Partys.
All das ist einfach zu finden, denn dieses Jahr hat Google nicht nur einen Wagen auf der Parade, sondern Google Maps verzeichnet sogar die Pride-Straßen in Regenbogenfarben.
Auch dabei: Premierminister Trudeau und seine Familie
Der Begrüßungssatz am Sonntag ist: „Hast du ihn schon gesehen?“ Denn die Community ist hellauf begeistert von Kanadas Premierminister Justin Trudeau. Das Staatsoberhaupt lief auch dieses Jahr wieder gemeinsam mit seiner Familie mit. Obendrein waren die Premierministerin der Province Ontario, Kathleen Wynne, und der Bürgermeister von Toronto, John Tory, mittendrin.
Insgesamt nahmen über 200 Gruppen teil und über 500.000 Menschen (nach Medien-Angaben) feierten mit - ein Event der Superlative. Hinter den Absperrungen am Straßenrand standen Touristen aus aller Welt, Hetero-Familien feierten gemeinsam mit LGBTs, sangen, tanzten, jubelten und riefen „Happy Pride!!!“
Polizeigruppen aus der Parade verbannt
Trotz Partystimmung war das Thema Nummer Eins in diesem Jahr: Die Debatte um die Polizei. Seit vielen Jahren liefen verschiedene Gruppen der Polizei mit, 2016 waren sie sogar die größte Gruppe in der Parade und das in kompletter Uniform, einschließlich der Dienstwaffe - und so kam es zum Eklat: Die Initiative Black Lives Matters (BLM), die sich gegen rassistische Polizeigewalt engagiert, stoppte den ganzen Zug und stellte Forderungen.
Das Resultat: Die Polizei wurde dieses Jahr als offizielle Gruppe verbannt und das Motto 2017 lautete: „What will you add to pride?“ (Was trägst du zum CSD bei?)
Die Polizei von Toronto wollte trotzdem feiern und fuhr kurzerhand zum New Yorker Pride, der zeitgleich stattfand. Prompt stoppte auch dort Black Lives Matter mit einer Sitzblockade die Parade. Jedoch machte dort die örtliche Polizei kurzen Prozess und verhaftete die Aktivistinnen und Aktivisten. In Toronto sollen die Beamten nächstes Jahr wieder offiziell als Gruppe dabei sein.
Gehört auf die lesbische To-Do-Liste: der Dyke March
Unvergesslich in dem ganzen Spektakel: der Dyke March. Traditionell wird er genau wie die Parade von Motorrädern angeführt und zwar von der örtlichen Motorradgang: den Amazons.
Für Sue Wells, die Günderin der Amazons, ist klar, warum sie nach 25 Jahren noch immer dabei ist und nie einen Dyke March verpasst hat: „Ich bin einfach eine stolze Lesbe und ich liebe die Vielfalt des Dyke Marchs. Es macht so viel Spaß!“ Genauso ist es!
Letztlich ist die gesamte CSD-Saison in Toronto vielfältig, bunt, laut, beeindruckend und immer noch politisch. Denn am Ende bleibt die Botschaft: „Be Proud“ - Sei stolz und out! Auf der To-do-Liste der 10 Dinge, die Lesbe in ihrem Leben getan haben sollte, bekommen der Pride und vor allem der Dyke March in Toronto auf jeden Fall einen Platz ganz weit vorne!
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