K-Word #541: Neues aus der Lesbenwelt
Kristen Stewart: „Twilight“ ist „so gay“und lesbische Sexszene in neuem Film wird „schocken“, die New York Times erklärt, wieso Taylor Swift bisexuell sein muss, Ulrike Folkerts, Svenja Huth, Ellen DeGeneres, Luna, Jodie Foster – und mehr!
Von Karin Schupp
12.1.2024 - Kristen Stewart (K-Word #531) versteht erst jetzt, wieso unser Gaydar bei ihr schon anschlug, bevor sie selbst ihr Coming-out hatte. Es habe sie immer genervt, wenn Leute ihr sagten: „‘Ich wusste, dass du schon immer ein queeres Kid warst‘ - Ach ja? Da hättest du mal sehen sollen, wie ich meinen ersten Freund gefickt habe“, sagte sie der Zeitschrift Variety. Das hat sich aber geändert, als sie kürzlich den Film Panic Room sah, in dem sie – damals war sie 11 – Jodie Fosters Tochter spielt: „Ich dachte: Verarscht mich nicht!“, sagt sie lachend. „Ich war gay.“ Und nicht nur das: Auch ihre Twilight- Filme hält sie heute für „so gay“: „Ich kann es erst jetzt sehen... (…) Es geht um Unterdrückung und darum, das zu wollen, was dich zerstören wird. Ich liebe es, wie gothic und gay das ist.“ Dass sie sich nicht über mangelnde Rollen beklagen muss, seit sie offen queer lebt, schreibt die Oscar-nominierte Schauspielerin ihrer Fähigkeit zu, feminine, heteronormative Charaktere darstellen zu können. „Ich spiele diese Rolle gut. Das ist kein Fake. Aber es ist beschissen, dass das nicht der Fall wäre, wenn ich lesbischer wäre.“ Um so mehr freut sie sich über ihre androgyne, lesbische Rolle in ihrem neuen Film Love Lies Bleeding, in dem sie eine Sexszene hat, über die sie sagt: „Sie ziehen sich nicht aus, aber das wird die Leute schocken!“ Lest hier und hier unsere 2-teilige Vorschau auf neue lesbische Filme 2024.
Letzte Woche sorgte ein New York Times-Artikel für Wirbel, der behauptet, dass Taylor Swift heimlich bisexuell sei und uns das seit Jahren – bewusst oder unbewusst – signalisiere. So verwendet sie häufig Regenbogen, das Cover ihres Albums „Lover“ trägt die Farben der Bi-Flagge, ihre Single „ME!“ erschien am Tag der lesbischen Sichtbarkeit 2019, und unter ihren Freundschaftsbändchens befand sich eins in den Bi-Farben und eins mit der – gerne von Queers verwendeten - Aufschrift PROUD. Swift, die die LGBTQ-Community aktiv unterstützt und viele lesbische Freundinnen hat, hat sich nie zu ihrer sexuellen Identität geäußert, aber eine stattliche Anzahl von Ex-Boyfriends aufzuweisen; derzeit ist sie mit dem Footballer Travis Kelce liiert. Es ist nicht klar, wie ernst es die Autorin (die selbst queer ist) meint. Aber ihr Text zeigt auf jeden Fall, dass Promis schon SEHR deutlich werden müssen, um die Gesellschaft davon zu überzeugen, dass sie queer sind. Und er kann als Aufforderung an Heteros verstanden werden, nicht automatisch immer davon auszugehen, dass andere ebenfalls allesamt hetero sind.
„Wir brauchen Vorbilder und mehr Sichtbarkeit von LGBTQIA+“, forderte Ulrike Folkerts am letzten Wochenende in der WAZ (Bezahlschranke). In dem Interview konstatiert die langjährige Tatort-Kommissarin zwar, dass seit dem Massen-Coming-out von 185 Schauspieler:innen Anfang 2021 (K-Word #390) „Diversität deutlich sichtbarer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen“ sei, doch queere Themen in Serien und Filmen wirkten immer noch „ein bisschen zu aufgesetzt und drübergestülpt.“ Zudem könne man in ihrer Branche auch zwanzig Jahre nach ihrem lesbischen Coming-out „nicht von Toleranz sprechen“, sondern werde „immer noch diskriminiert.“ Beweisen kann sie es zwar nicht, aber: „Es gibt Gerüchte, dass uns das schadet. Entscheidungen über Besetzungen werden hinter verschlossenen Türen gefällt.“
Die vietnamesische Fußballnationalspielerin Trần Thị Thu Thảo hat ihre Freundin Nguyen Thi Thuong geheiratet – die erste öffentliche Frauen-Hochzeit einer Fußballerin in ihrem Land! Es handelt sich dabei allerdings nur um einen symbolischen Akt, denn in Vietnam sind gleichgeschlechtliche Ehen nicht erlaubt (und erst seit 2015 nicht mehr ausdrücklich verboten). Die WM-Teilnehmerin 2023 ist nicht die einzige offen lesbische Spielerin des Nationalteams: Nguyễn Thị Tuyết Dung, die erfahrenste Spielerin des Kaders, zeigt ihre Freundin schon lange auf Instagram (Fußball-WM 2023: Über 100 lesbische und queere Spielerinnen).
Svenja Huth (VfL Wolfsburg) hofft, dass sich bald auch schwule Fußballprofis outen. „Ich würde mir sehr wünschen, dass in der Bundesliga dieses Tabu endlich gebrochen wird“, sagte die Nationalspielerin, die mit ihrer Frau Laura im letzten Jahr Mutter eines Sohns wurde (K-Word #535) der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung (Bezahlschranke). „Ich denke, es könnte funktionieren, wenn sich viele homosexuelle Spieler zusammentun würden, um gemeinsam an die Öffentlichkeit zu gehen, damit man nicht alleine da steht.“ Bisher allerdings stecke der Männerfußball „noch in alten Denkmustern, in der Homosexualität mit Weichheit und Schwäche verbunden wird“, während „der Frauenfußball von der Denkweise her moderner“ sei. Seit Jahren ist immer mal wieder von einem Gruppen-Coming-out in der Bundesliga die Rede - der schwule Ex-Jugendnationalspieler Marcus Urban, der schon lange und geduldig daran arbeitet, versprach Ende Dezember auf T-Online: „Klar ist: Es wird passieren.“
Queere Golden Globes: Bei der Verleihung des Film- und Fernsehpreises am Sonntag in L.A. wurde Lily Gladstone für ihre Rolle in Martin Scorseses Western Killers of the Flower Moon ausgezeichnet. Die nichtbinäre, indigene Schauspieler:in hat in ihrem neuen Film Fancy Dance eine lesbische Rolle (Kinostart 2024). Ayo Edebiri, queer und zuletzt in dem Lesbenfilm Bottoms zu sehen (Amazon Prime, unsere Filmkritik), gewann einen Golden Globe für ihre Rolle in der Serie The Bear. Die frisch als bi geoutete Billie Eilish (K-Word #536) und ihr Bruder Finneas wurden für ihren Song „What Was I Made For?“ aus Barbie geehrt, und das Gerichtsdrama Anatomie eines Falls, in dem Sandra Hüller eine bisexuelle Schriftstellerin spielt, bekam den Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film und das beste Drehbuch.
Jodie Foster und Annette Bening, die für ihre lesbischen Rollen in dem Netflix-Film Nyad (unsere Filmkritik) nominiert waren, gingen zwar leer aus, standen aber dennoch auf der Bühne und präsentierten den Golden Globe für die beste Komödie/ Musical:
Jodie Foster ist ab 15. Januar in True Detective: Night Country, der vierten Staffel der Anthologieserie, zu sehen (bei Sky und WOW). In ihrer ersten Serienrolle seit ihrer Kindheit spielt die zweifache Oscar-Gewinnerin die schlecht gelaunte Polizeichefin einer Kleinstadt in Alaska, die mit ihrer Kollegin (Kali Reis) das spurlose Verschwinden einer Crew aus einer Forschungsstation aufklären muss. Offen lesbisch sind neben Foster auch die Ex-Profiboxerin Reis und Fiona Shaw (Killing Eve), die eine geheimnisvolle Prepperin spielt. Ob es in dem Thriller auch queere Charaktere gibt, ist bisher nicht bekannt, Fosters Rolle jedenfalls ist hetero.
Einfach nur Scheiße: In den sozialen Medien gehören homophobe Kommentare für queere Promis zum traurigen Alltag. Auch die lesbische Singer-Songwriterin Luna (K-Word #413) kennt das und veröffentlichte gestern einige davon mit den wichtigen Worten: „Hass soll NIE zur Normalität werden! Hört da nicht hin, ihr seid toll!“
Ob Ellen DeGeneres sich ein bisschen langweilt, seit sie 2022 in TV-Rente gegangen ist? (K-Word #457) Auf jeden Fall hat jetzt mit ihrer Frau Portia de Rossi eine Ratgeber-Kolumne auf Instagram gestartet. In den beiden ersten Teilen im Dezember und Anfang Januar (siehe unten) verraten sie uns, wie eine gute Beziehung funktioniert (Portia: „Niemals lügen.“, Ellen: „Komplimente.“) und wo eine frisch geschiedene Person auch ohne App ein Date finden (Pickleball!), und Ellen rät einem gestressten Collegestudent: „Mach’s wie ich: Schmeiß hin und werde sehr berühmt.“ Außerdem sprechen sie über Erdnussbutter und Hühner, und wir erfahren, dass Portia ein Jahr lang Jura studiert hat und Ellen Glitter hasst. Wann die nächste Folge kommt, ist nicht bekannt.
K-Word: Jeden Freitag neu auf l-mag.de!
Weiterlesen: K-Word #540: Neues aus der Lesbenwelt
Das lesbische Familienalbum 2023: Hochzeiten, Verlobungen, Babys, Abschiede
Die aktuelle Ausgabe der L-MAG erhältlich am Kiosk (Kiosk-Suche), im Abo, als e-Paper und bei Readly.
L-MAG, frei und selbstbewusst!
Wir wollen unabhängig und selbstbestimmt bleiben. Zum Jahresende wenden wir uns an unsere Leser:innen: Ihr wisst am besten, warum es uns braucht und was ihr an uns schätzt. Helft uns, damit wir uns für die Zukunft wappnen können, die in politischer wie finanzieller Hinsicht nicht einfach wird.
Gute Artikel gibt es nicht umsonst!
Vielen Dank!
Euer L-MAG-Team