L-Mag

Die 8 coolsten Games mit L-Faktor

Action-Rollenspiele, Mystery-Abenteuer, soziale Simulationen – wir stellen die 8 interessantesten, spannendsten und kuriosesten Computerspiele mit lesbischen und queeren Spielfiguren vor.

Sony Interactive Entertainment Dina und Ellie in „The Last of Us II“

Von Simone Veenstra

17.12.2023 - Queere Figuren in Computergames waren lange Zeit nicht vorhanden, stereotypes Beiwerk oder – das höchste der Gefühle – Antagonist:innen. Daran hat sich in den letzten Jahren Etliches geändert, spätestens seit der Entwicklung von konfigurierbaren Spielfiguren. Denn hier legen Spieler:innen Aussehen, Geschlecht und sexuelle Vorliebe fest. Wir haben für euch einige der interessantesten, abenteuerlichsten, spannendsten, aber auch originellsten und kuriosesten Games mit L-Faktor zusammengestellt.

1) Einmal Retro bitte: Caper in the Castro

Caper ist das einzige Game der nonbinären Künstler:in CM Ralph und gilt als erstes lesbisches Videogame (1989). Es wurde damals übrigens nicht zum Verkauf angeboten, sondern bat um eine Spende für die damaligen HIV-Hilfsorganisationen in San Francisco. Spielende schlüpfen in die Rolle der lesbischen Detektivin Tracker McDyke, die das Verschwinden ihrer Freundin Tessy LaFemme, einer trans Frau, untersucht. Die Dialoge kommen daher wie Film-Noir-Zitate, die Graphiken sind schwarz-weiß und einfach gehalten. Durch die Augen der Detektivin blickend können Spielende Hinweise und Aussagen sammeln, einen Geheimcode zusammenpuzzeln und natürlich auch hin und wieder die Waffe einsetzen. Manchmal siegt draufgängerische Verwegenheit, manchmal verschafft sie Tracker McDyke ein verfrühtes Ende, aber da der Spielfortschritt gesichert wird, muss deshalb nicht von ganz vorne begonnen werden. Ein Game wie ein Ausflug in einer andere Zeit.

Caper in the Castro, Detektiv-Abenteuer, Entwickler:in: CM Ralph, 1989, ursprünglich Freeware für MAC-Computer

C.M. Ralph „Caper in the Castro“

2) We are Family: Die Sims

Die Sims, sicher eine der bekanntesten „sozialen Simulationen“, war auch eine der ersten, in der gleichgeschlechtliche Beziehungen zur Wahl stehen. Hier geht es nicht darum, eine spielimmanente Figur durch ein Abenteuer zu lenken, sondern ums Arbeiten, sich Verlieben, Party feiern, Hobbies nachgehen, Kenntnisse erwerben. Kurz: eine Familie/ Community aufzubauen, zu erweitern und dafür zu sorgen, dass sie blüht und gedeiht. Spielende kreieren zunächst eine oder mehrere Figur/en, entscheiden über Körperproportionen und –größe, Haut-, Haarfarbe, Frisur, Klamottengeschmack. Aber auch Charakter, Fähigkeiten, Lebensziele gilt es auszuwählen und, wer möchte – Tusch! – Partnerin oder Partner. Seit der ersten Veröffentlichung im Jahr 2000 ist die sexuelle Orientierung der Sims offen, Liebesbeziehungen sind mit jeder anderen (volljährigen) Figur möglich. Mit jedem Update kamen weitere Möglichkeiten dazu – seit Sims 2 (2004) können zwei Sims miteinander verpartnert werden. Es folgten Heiratsoptionen (unabhängig vom Geschlecht), Kleiderwahl und Wahl der - seit 2022 auch nichtbinären - Pronomen (dafür gab’s eine Petition). Die aktuellste Version beinhaltet bei der „Figurenausstattung“ auch Narben von geschlechtsangleichenden Operationen (Mastektomie).

Die Sims, Lebenssimulation, Entwickler: Maxis, seit 2000, für Windows, Mac OS Classic, Xbox, Game Boy, Nuntendo DW, Playstation, Mobile Game

Electronic Arts Queere Sims

3) O Captain! My Captain! – Mass Effect

Shepard, Commander des Spaceschiffs Normandy soll den Frieden und das Gleichgewicht innerhalb der fünf Sektoren der Galaxie erhalten, gerät dabei in so manchen (gerne außerirdischen) Kampf, taktiert, schmiedet Bündnisse, besucht Bars, Partys und … stürzt sich in romantische Abenteuer. Festgelegt ist: Shepard ist menschlich. Geschlecht, Vorname, Aussehen kann angepasst, eine von drei Backstorys und psychologischen Profilen ausgewählt ewrden. Alles Entscheidungen, die den Spielverlauf beeinflussen und natürlich auch die romantischen Möglichkeiten. Wie beispielsweise mit der außerirdischen Figur Liara T’Soni, deren Äußeres weiblich konnotiert ist, die aber sowohl weiblich wie auch männlich ist.

Mass Effect, Action Sci-Fi Action-Rollenspiel, Entwickler: BioWare, 2007–2017, für Xbox, PS, PC, Wii, Spin-Offs als mobile Games für iOS und Android

me.reactor.cc„Mass Effect“: Fan Art zu Shepard und Liara T'Soni

4) Im Jahr des Drachens – Die Dragon Age-Trilogie

Unruhige Zeiten, Fehden, Kriege, Besatzungen, Rebellen, Thronfolger, alte Gött:innen: In Dragon Age Origins ist das Königreich Ferelden bedroht und der Graue Wächter Duncan auf der Suche nach Kämpfer:innen und Verteidiger:innen – die Figur der Spielenden. Im Gegensatz zu Mass Effect (s. oben) könnten Spielende hier auch zwischen unterschiedlichen Spezies wählen - menschlich, zwergisch, elfisch, magisch - und ihrer Figur unterschiedliche romantische oder sexuelle Vorlieben mitgeben. In Dragon Age 2 (das ohne Vorwissen über Teil 1 gespielt werden kann) ist die zu spielende Figur der Mensch Hawke und, je nach Entscheidung, männlich oder weiblich. Hawke sucht sich Mitstreiter:innen und beginnt die Abenteuer-Heldenreise. Auch im dritten Teil, Dragon Age – Inquisition, geht es darum, die Welt vor der Übernahme verfeindeter Mächte zu bewahren und sich zwischen zerrütteten Bündnissen und gegen das drohende Chaos zu behaupten. Die gespielte Figur – die oder der Inquisator:in – kann wie bei den Vorgängerspielen gestaltet werden. Im Gegensatz zu DA 2 allerdings, bei dem die meisten Charakter grundsätzlich bisexuell angelegt waren, sind bei DA – Inquisition sexuelle Orientierungen festgelegt, was bei vielen queeren Gamer:innen gut ankam. Denn es bedeutet schließlich, dass die sexuelle Orientierung die jeweilige Person ausmacht und nicht wahllos veränderbar ist. Für 2024 ist Dragon Age: Dreadwolf angekündigt.

Dragon Age, Fantasy-Abenteuer; Entwickler: BioWare, 2009 / 2011/ 2014, für PC, Xbox, PS

Electronic Arts Die Inquisitorin in weiblicher Ausführung (r.) und Josephine, einer ihrer beiden queeren Love Interests in „Dragon Age: Inquisition“

5) Wo ist Sam? – Gone Home

Ein Coming-out als Thema eines Detektivabenteuers, das ganz ohne andere Figuren auskommt: Das war vor zehn Jahren bahnbrechend und ist noch immer wirklich beeindruckend. In Gone Home spielen wir Kaitlin, die Mitte der 1990er Jahre nach einem Jahr in Europa zu ihrer Familie zurückkehrt. Doch obwohl diese von ihrer Ankunft weiß, ist das Haus leer und eine mysteriöse Notiz ihrer kleinen Schwester Sam(antha) gibt Kaitlin (und damit uns) Rätsel auf: Was genau war hier los? Und was ist in dem Jahr ihrer Abwesenheit geschehen, das Grundlegendes verändert hat? Das Spannende daran: Sam tritt während des gesamten Spiels kein einziges Mal persönlich auf. Es sind Fotos, Musikkassetten und Notizbücher, die wir durch Kaitlins Augen entdecken und interpretieren müssen. Sams Wünsche, Gefühle und Aktionen sind dabei die Indizien, die nach und nach zusammensetzen, was tatsächlich geschehen ist. Nur so viel sei verraten: Sam hat sich in Lonnie verliebt und nach einigen schwierigen Zeiten treffen die beiden jungen Frauen einen spontanen Entschluss mit Folgen.

Gone Home, Mystery-Abenteuer, Entwickler: Fullbright Company, 2013, für PC, PS, X-Box, Nintendo Switch, iOS

The Fullbright Company Sams Freundin Lonnie in „Gone Home“

6) Noch lange nicht am Ende: The Last of Us

Ellie ist etwas wirklich Besonderes, schließlich ist sie eine der wenigen (queeren) Game-Figuren, die wir beim Erwachsenwerden begleiten dürfen – und das nicht nur im Game, sondern auch in einer Comic- und Fernsehserie. Um was geht es? Eine seltsame Pilzinfektion hat den Großteil der Bevölkerung Amerikas in Zombies verwandelt. Die wenigen Überlebenden hausen in autoritär geführten Quarantäne-Zonen oder als Rebellen fern der restlichen Zivilisation. Ausgerechnet dorthin soll der desillusionierte Schmuggler Joel die 14-jährige Ellie begleiten, die infiziert, aber wundersamerweise noch immer gesund ist. Als Joel begreift, dass ihr Blut dabei helfen könnte, ein Serum gegen die Epidemie zu entwickeln, muss er sie nicht mehr nur vor den Zombies schützen … Zwar wird Ellie erst im letzten Teil von Last of Us zu einer spielbaren Figur (vorher war sie überwiegend KI-gesteuert), das Erweiterungspaket The Last of Us: Left Behind aber wird aus Ellies Perspektive gespielt und erzählt ihre Vorgeschichte und ihre Beziehung zu ihrer Freundin Riley. The Last of Us Part II setzt schließlich rund vier Jahre später ein, hier verliebt sich Ellie in die bisexuelle Dina. Spielbar ist hier nicht nur Ellie, sondern auch Abby, die schnell zu Ellies größten Feindin wird. Dass die Perspektive dabei zwischen beiden wechselt, ist ein fast filmischer Kunstgriff, der Identifikations- und Empathiepotenzial erhöht, eine Geschichte mit Tiefgang erzählt und Fragen nach Moral aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet.

The Last of Us, Überlebens-Horror-Action-Abenteuer, Entwickler: Naughty Dog, 2013/14 und 2020, für PS

Naughty Dog Ellie und Riley in „The Last of Us: Left Behind“

7) Queerness und Superkräfte - Life is Strange

Was würde ich darum geben, manchmal die Zeit anhalten und zurückdrehen zu können: Diese Superkraft hat die bisexuelle Max entwickelt, nachdem sie in ihre Heimatstadt Arcadia Bay zurückgekehrt ist. Und das ist auch gut so, denn dort geht es nicht mit rechten Dingen zu. Bester Beweis ist das Verschwinden von Max‘ Ex-Freundin Rachel. Auf der Suche nach ihr und der Wahrheit hinter all den Absonderlichkeiten entwickelt Max Gefühle für Chloe, ihre Freundin aus früheren Tagen … Ob sie diesen nachgibt oder nicht, hängt von den Entscheidungen der Spielenden ab. Life is Strange: Before the Storm erzählt die Vorgeschichte mit Chloe als Hauptfigur. Das kostenlose Mini-Game The Awesome Adventures of Captain Spirit wiederum stellt eine Spin-Off-Einführung zu Life is Strange 2 dar, in dem es um zwei Brüder geht. Und in Life is Strange – True Colors versucht die bisexuelle Alex, den Tod ihres Bruders aufzuklären. Das verbindende Element zwischen den Games sind die übernatürlichen Kräfte der Charaktere und eine erfreulich hohe Anzahl an LGBTQIA*-Figuren. Für 2024 neu angekündigt ist Lost Records: Bloom and Rage, in dem vier Jugendfreundinnen sich einem mehr als zwei Jahrzehnte altem Geheimnis stellen müssen...

Life is Strange, Mystery-Abenteuer, Entwickler: Deck Nine Games, seit 2015, für PC, PS, Xbox, Nintendo Switch, Mobile

Square Enix Max und Chloe in „Life is Strange“

8) Last but not least: Later Daters

Wer gerne Lebens- oder Dating-Simulationen spielt, besonders jene mit queeren Figuren, sollte einen Blick auf dieses – zugegeben eher schnell durchzuspielende und wenig abenteuerlastige – Spiel werfen. Schauplatz ist eine Seniorenresidenz, Spielende können sich eine Figur erschaffen (weiblich, männlich, divers), anhand von Fotos eine Lebensgeschichte auswählen und anschließend Kontakte knüpfen, flirten, sich verabreden und zwar nicht zwangsläufig nur mit einer anderen Person. Zwar liegen die meisten Entscheidungen, die getroffen werden können, in der Auswahl der Dialoge, aber da das Spiel kein festes Endziel hat, schaffen verschiedene neue Durchgänge mit jeweils anderen Alter Egos eben auch ganz unterschiedliche soziale Situationen. Eine derart vielfältige und bunte Repräsentationen von LGBTQIA*-Senior:innen dürfte es ruhig öfters geben.

Later Daters, Dating-Simulation, Entwickler: Bloom Digital Media, 2020, für Nintendo, PC, XP, SP, Mobile Game

Bloom Digital Media „Later Daters“

 

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