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Ein Ankerplatz für die lesbische Barkultur in Wien

Ende Oktober eröffnete in Wien das „Last Little Haven“. Im Stil einer alten Lesbenbar ist dort die weltweit größte Privatsammlung zur lesbischen Bar-Geschichte zu sehen. Wir haben mit Teresa Fischer und Anna Heinemann vom Projekt-Team gesprochen.

Von Annabelle Georgen

28.10.2025 - Seit letztem Wochenende hat Wien eine Lesbenbar. Oder besser gesagt: eine Rauminstallation, die die lange lesbische Bartradition würdigt und wiederbelebt. Wir trafen die Sammlerin Teresa Fischer und die Raumgestalterin Anna Heinemann vom Projekt Last Little Haven zum Gespräch.

 

Teresa und Anna, wie ist diese sozusagen fiktive Lesbenbar mitten im Wien entstanden?

Teresa: Ich promoviere gerade an der Bauhaus-Uni zum Thema „Femme Erasure“ von den 1920er- bis 1950er-Jahren und habe dadurch ein Archiv mit Amateurfotografien aufgebaut, weil die Lesben- und Frauenarchive dazu nichts hatten. Irgendwann bin ich auf die historischen Bars gekommen und habe angefangen, Sachen anzukaufen. So ist die Idee einer historischen Rekonstruktion entstanden.

Last Little Haven Das Team von Last Little Haven (v.l.n.r.): Bettina Woess, Anna Heinemann, Teresa Fischer und Marie Zahir

Das Verschwinden der Lesbenbars ist ein weltweites Phänomen. Wo liegen eurer Meinung nach die Hauptgründe?

Anna: Das hat ganz klar was mit der kapitalistischen Aufwertung und dem Druck zu tun, der da auf Städte ausgeübt wird. Lesbische Orte waren immer Orte, die eben nicht nach kapitalistischen Regeln funktioniert haben und auch nicht so viel Profit machen konnten. Historisch gesehen waren die 1980er-Jahre der Knackpunkt: Viele Bars konnten sich das einfach nicht mehr leisten.

Wie sieht Last Little Haven aus?

Anna: Als Modell haben wir die Lesbenbars von den 1920er bis zu den 1950er Jahren genommen. Es gibt Holzvertäfelung, einen Bartresen aus Holz, der zentral im Raum ist, Möbel und Tresenhocker im Stil der 1920er-Jahre. Dazu kommt die Ausstellung von Archivalien.

Last Little Haven

Teresa, im Präsentationstext von Last Little Haven schreibst du, dass es sich um die weltweit größte Privatsammlung von Artefakten zur lesbischen Bar-Geschichte handelt.

Teresa: Wir haben jedenfalls sehr viele Sachen im Vergleich zu vielen lesbischen Archiven, die kaum Objekte zur Bar-Geschichte haben. Wir haben um die 100 Artefakte, zum Beispiel einen Aschenbecher von Mona‘s aus den 1930er-Jahren, einer Lesbenbar aus San Francisco. Es gibt auch Streichholzschachteln, Gläser und kleine Hämmerchen, mit denen man früher zum Bestellen auf den Tisch gehauen hat, Menükarten und viele Ansichtskarten und Fotos von den Bars. Das meiste kommt aus den USA, dort gibt es mehr Sammler:innen und die Leute wissen, was sie verkaufen. Ich war auch auf Recherche-Reise in London und habe dort zeitgenössische Artefakte gesammelt, die uns lesbische Bars gespendet haben, zum Beispiel die Bierkarte vom Goldie Saloon, der wie Last Little Haven eine Mischung aus Bar und Ausstellungsraum ist.

Last Little Haven

Ist das Projekt nur temporär oder soll es als Ort bestehen bleiben?

Anna: Das Projekt ist innerhalb der SHIFT-Förderung entstanden, die läuft bis Juni 2026. Es gibt die Möglichkeit einer Verlängerung, das erstreben wir natürlich. Aber natürlich wollen wir da auch so lang wie möglich verankert bleiben.

Könnte Last Little Haven mit der Zeit selbst eine Lesbenbar werden?

Anna: Das ist eine Rauminstallation, ein Kunstobjekt, und die Bar ist Teil dessen. Wir nähern uns einer Lesbenbar an und spielen auch damit. Man kann dort ein Bier trinken, das Ziel ist aber definitiv nicht, dass wir am Ende einen regulären Barbetrieb haben werden.

Last Little Haven, bis Juni 2026, Gumpendorferstr. 68, 1060 Wien, Eintritt frei – mehr Infos hier und auf Instagram

 

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