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Filmtipp „Honey Don’t“: Sapphischer Film Noir

Teil 2 der lesbischen Trilogie von Tricia Cooke und Ethan Coen ist ein Film Noir mit rätselhaften Todesfällen, viel Sex - Margaret Qualley und Aubrey Plaza haben eine heiße Affäre – und einer kleinen Enttäuschung. Kinostart: 11. September.

Focus Features LLC

Von Nina Süßmilch

9.9.2025 - Die Macher:innen von Honey Don't sind in ihre Protagonistin verliebt – ganz so wie es sich für einen Film Noir gehört. Margaret Qualley spielt die Hauptprotagonistin Honey und ist aus sämtlichen Perspektiven großformatig (äußerst hübsch natürlich) zu sehen, am häufigsten im Close up. Honey ist Privatdetektivin in der südkalifornischen Kleinstadt Bakersfield und arbeitet, wenn es sein muss, mit dem begriffsstutzigen Polizisten Marty Metakawitch (Charlie Day) zusammen. Ihrer Schwester Heidi (Kristen Connolly) mit den sieben Kindern begegnet sie mit einer Art liebendem Stoizismus.

Honey trinkt gerne, zeigt wenig Mimik und steht auf Frauen

Honey trinkt gerne, zeigt wenig Mimik (aber transportiert viel über die Augen) und entspricht fast dem Klischee des Film-Noir-Detectives, der zynisch und kaputt alleine durchs Leben zieht und nur ab und zu an einer schummrig ausgeleuchteten Bar Halt macht, um dort einer Femme Fatale auf den Leim zu gehen. Dort hat Honey schließlich auch ihr erstes Date mit der Polizistin MG Falcone (Aubrey Plaza in ihrer dritten queeren Rolle nach Happiest Season und My Old Ass) und die beiden beginnen eine heiße Affäre.

Focus Features LLC Heiße Affäre: Honey (Margaret Qualley, r.) und MG (Aubrey Plaza)

Aktuell untersucht Honey den (scheinbaren) Unfalltod einer Frau, die mit der dubiosen Sekte „4 Ways“ in Kontakt stand. Die selbsternannte Kirche predigt nicht nur Liebe und Gehorsam gegenüber Gott sondern auch gegenüber dem schmierlappigen Reverend Drew Develine (Chris Evans). Außerdem gibt es da noch die mysteriöse Schöne (Lera Abova) mit dem klischeehaften französischen Akzent. Sie ist die Einzige, die sich den Reverend richtig zur Brust nimmt, weil „the French“ nicht glücklich sind.

In der Kleinstadt tauchen plötzlich zu viele Tote auf

Denn in der Kleinstadt tauchen plötzlich zu viele Tote auf, die die Polizei auf die Gemeinde und deren undurchsichtigen Geschäfte mit „den Franzosen“ aufmerksam machen könnte.

Es wird nie aufgelöst, um wen es sich dabei eigentlich handelt, weil es nicht weiter wichtig ist. Spaß aber macht es, in „den Franzosen“ eine Art Kommentar zu sehen. Denn immerhin waren es fast ausschließlich die französischen Kritiker, die bis Ende der 1960er den Terminus Film Noir verwendeten.

Und ein Film Noir ist der zweite Film dieser „sapphischen Trilogie“ von Ethan Coen und seiner queeren Frau Tricia Cooke zwar in Elementen, aber atmosphärisch zugleich von den 1970ern inspiriert, aufgelockert mit komödiantischen und deftigen Elementen.

Der erste lesbische Film Noir?

Die Film-Noir-Elemente sind der halb urbane Schauplatz, der Fokus auf die Entwicklung der Figuren und natürlich die Krimihandlung. Joel Greenbergs Genre-Charakterisierung von 1968, dass es „fatale Frauen und verzweifelte Männer“ gäbe, greift in Honey don't, allerdings etwas anders als in den Klassikern.

Cohen und Cooke sind große Film Noir Fans, wie es bei NBC heißt. „Aber ich kann mich an keinen Film Noir erinnern, der lesbisch oder queer gewesen wäre“, sagte Cooke dort. Sie und ihr Mann Ethan hätten daraufhin wieder das Drehbuch gemeinsam geschrieben und einen lesbischen Film Noir gezaubert. Cohen führte zudem Regie.

Was die eher überschaubare Handlung auflockert, sind die Brechungen der Film-Noir-Elemente. Honey don't ist deutlich weniger trashig und überbordend wie der erste Film in der Trilogie Drive Away Dolls (unsere Filmkritik), obwohl es manchmal aus ihm herausbricht wie in den Szenen rund um den Reverend. Der Sex, den dieser mit seinen weiblichen Gemeindemitgliedern hat, ist geradezu befreiend lächerlich.

Erfreut mit viel Sex und enttäuscht mit seinem Ende

Im Gegensatz dazu konzentriert sich die Beziehung zwischen Honey und MG fast ausschließlich auf Sex und spielt dennoch gekonnt mit dem Butch-Femme-Gegensatz. Honey ist als Femme die Detektivin, die ihr Inneres kaum nach außen trägt, während MG butchig ist (und in einer Szene natürlich mit einem Werkzeugkoffer auftaucht!), aber trotzdem die stereotypische Rolle der Femme Fatale spielt. Manchmal fühlt es sich an, als ob die Sexszenen zur Entspannung und Auflockerung zwischen die sonst tristen Kleinstadt-Szenen gesetzt wurden.

Das Spiel mit den Genres ist dennoch nicht ganz so ausgeprägt wie im ersten gemeinsamen Film Drive Away Dolls, das als Road Movie mit übertrieben vielen Klischees und noch dünnerer Handlung auskommt. Die fehlende Tiefe des Plots hat man Drive Away Dolls aber verziehen, weil er als Hollywood-Film lesbisches Daten und Sex so prominent wie selten portraitierte. Doch ob die (lesbischen) Fans mit dem Ende von „Honey don't“ glücklich sein werden, ist zweifelhaft. Dem Film Noir ist es treu geblieben und trotzdem in die klassische Falle getappt.

 

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