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Game-Check: „Life is Strange: True Colors“ bringt lesbische Liebe auf die Konsole

Starke Emotionen und zarte Bande: Teil 3 des Videospiel-Hits hat eine queere Hauptfigur, die eine lesbische Lovestory erleben darf – immer noch etwas Besonderes in einem Genre, in dem vielerorts noch toxische Hetero-Männlichkeit regiert.

Square Enix Aufregend und süß: zarte Bande zwischen Alex und Stephanie

Von Friederike Suckert

14.9.2021 - Das Besondere an der Videospielserie „Life is Strange“ aus den Studios Deck Nine und Square Enix sind die Fähigkeiten der Protagonist*innen: Zeitmanipulation, Telekinese und - im neuen dritten Teil, „True Colors“ - Empathie. Die Geschichten sind entscheidungsbasiert, was bedeutet, dass sich je nachdem verschiedene Handlungsstränge und Enden ergeben. Es werden stets Traumata und Gewalt behandelt, aber nie für simple Effekthascherei ausgeschlachtet.

In „True Colors“ begleiten wir also Alex Chen. Nach acht Jahren im Heimsystem will sie nun bei ihrem Bruder Gabe im malerischen Dorf Haven in den Rocky Mountains leben. Ihre Empathie, die sie mitleiden und -wüten lässt, sieht sie zunächst als Fluch, aber der mysteriöse Tod ihres Bruders lässt sie diese Eigenschaft zur Aufklärung nutzen und hier und da in ein Schicksal eingreifen. Spielcharaktere mit Superkräften sind nicht bahnbrechend - eine asiatisch-amerikanische queere Frau, die sich auch noch in die Dorflesbe verliebt, schon.

Shitstorms, wenn die Herren sich mal nicht präsentiert sehen

Videogames sind doch auch nur interaktive Geschichten, warum soll das jetzt der große Knüller sein? Tja, wie so oft sind Dinge, die sich kommerzialisieren lassen ab einem gewissen Punkt cis-männlich, weiß, hetero. Ein Genre, welches in der Fantasie keine Grenzen haben sollte, wird gekapert und der Output weitestgehend auf eine einzige, gut zahlende Zielgruppe gestutzt. Und diese ist dann irritiert, wenn die Figuren nicht so aussehen wie sie selbst oder zumindest ihren Schönheitsidealen entsprechen.

In der jüngeren Geschichte der Videospiele gab es immer wieder heftige Shitstorms voller Misogynie, Homophobie und Rassismus, wenn die werten cis Herren sich mal nicht präsentiert sahen.

2014 erschien die DLC, eine Erweiterung der Hauptstory, zum Horror-Zombie-Erfolg „Last Of Us“, und die Ahnung vieler queerer Personen mit funktionierendem Gaydar wurde gewiss: Tomboy Ellie ist queer, ihre erste Liebe war eine Frau. Die Spieleforen explodierten – eine unterstellte „feministische Agenda“ war da noch ein mildes Urteil.

Unterschätzte Quellen des Hasses

Drei Jahre hatten die Zocker Zeit, sich vom Schock zu erholen, dass die Gaming-Welt auch komplett anders aussehen kann als ihre eigene, und dann kam das Jahr 2017. Zwei der erfolgreichsten Spiele, „Horizon Zero Dawn“ und „Hellblade: Senuas Sacrifice“, zeigen weibliche kämpfende Hauptfiguren in düsteren Welten, und eine von beiden hat auch noch andere Sorgen als einem Mann zu gefallen!

Reflexartig wurde eine neue Welle des Hasses losgetreten: „Wo ist die Diversität?“ Wer Videospiel-Helden googeln möchte, wird den Witz daran schnell erkennen. Ein anderer fühlte sich bemüßigt, der „Horizon Zero Dawn“-Heldin Aloy digital ein Tages-Make-up und ein Lächeln aufzulegen. So würden Frauen ja schließlich aussehen, DAS sei die Realität.

Natürlich klingt das alles lächerlich und manch eine (ich!) macht sich einen unfassbaren Spaß daraus, auf Facebook diese Typen zu provozieren. Allerdings ist das Signal für zumeist junge Frauen, POC und die LGBTIQ*-Community fatal: Ein Ort, in dem alles möglich sein sollte, ist kein Safe Space für dich! Denn ein Spiel, dass einem nicht gefällt, einfach unkommentiert nicht zu kaufen, scheint keine Option. Nein, stattdessen wird lieber eine Morddrohung, vor allem an trans Personen, verfasst. Auch ist die Rolle von Foren wie z.B. 4chan bei der Radikalisierung junger weißer Männer nicht zu unterschätzen.

Mit Vielfalt gegenhalten 

Dieser Schock schlug aber auch positive Wellen: 2013-2017 hat sich die Repräsentation von LGBTIQ*-Charakteren in Videospielen verdoppelt. Alle drei erwähnten Spiele bekamen eine Fortsetzung, „Last Of Us II“ sogar mit lesbischer Storyline.

So mag es finanziell gesehen vielleicht nicht verwundern, dass große Studios wie Square Enix dranbleiben und vielen Menschen ein Aufatmen bieten. Welch Balsam für die marginalisierte Gamer*innen-Seele.

Erholsam sind die zarten Bande zwischen Alex und Stephanie: Sie sind einfach sofort da! Aufregend, süß und ausgelöst durch Musik: Einem wunderschönen, auch ein bisschen queerem Indie-Soundtrack.

Mit der DLC „Wavelenghts“, also „Wellenlängen“ (ab 30. September), lernen wir Steph, die schon im ersten Teil auftritt und nun einen Radiosender betreibt, besser kennen. Aufgelegt wird dort unter anderem der lesbische Shooting Star girl in red.

Der Gegenwind ist bisher klein, was daran liegen mag, dass die Reihe schon immer diverser war als der Mainstream. Eine absolute Empfehlung für Menschen, die Kurzgeschichten interaktiv erleben möchten.

Life Is Strange - für PlayStation 4/5, Xbox One, Xbox Series S|X, PC/ Windows und Stadia (Switch erst 2022), um 60 Euro

 

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