"Killing Eve": Brave Geheimdienstlerin, bisexuelle Mörderin - und wer jagt hier eigentlich wen?
Endlich auch in Deutschland: In „Killing Eve“, einem der Serienhighlights des letzten Jahres, entwickelt sich die Jagd auf eine psychopathische Auftragsmörderin zur gegenseitigen Besessenheit mit erotischer Komponente.
Von Meike Lockhorst
21.2.2019 - Eve Polastri (Sandra Oh, Grey’s Anatomy) arbeitet für den britischen Inlandsgeheimdienst MI5, doch ihr Schreibtischjob fordert sie nicht besonders. Als sie den Auftrag erhält, für den Schutz einer Mordzeugin zu sorgen, beginnt sie auf eigene Faust, in dem Fall zu ermitteln. Sie erkennt, dass es sich um die Tat einer Auftragsmörderin handeln muss, die bisher anscheinend nicht auf dem Radar der Ermittlungsbehörden aufgetaucht ist.
Wegen ihrer Eigenmächtigkeit verliert sie ihren Job, wird dann aber von Carolyn Martens (Fiona Shaw) angesprochen, einer Mitarbeiterin des Auslandsgeheimdiensts MI6, die der Attentäterin schon seit einer Weile auf der Spur ist. Eve schließt sich Carolyns Ermittlungen an – nicht ahnend, dass sie dadurch ins Visier der Täterin Villanelle (Jodie Comer) gerät. Eine Verfolgungsjagd quer durch Europa beginnt, bei der sich bald die Frage stellt, wer hier eigentlich hinter wem her ist.
Killing Eve ist spannend erzählt, doch die Ermittlungen in den Morden, die Villanelle begeht, und der Versuch, die Leute im Hintergrund aufzudecken, sind im Grunde nur die Kulisse, um die beiden Hauptfiguren in Szene zu setzen.
Eve scheint durch die Jagd auf Villanelle aufzublühen
Die könnten kaum unterschiedlicher sein. Eve lebt ein eher biederes Leben mit ihrem Mann, einem Lehrer. Durch die Jagd auf Villanelle scheint sie aufzublühen, und ihr wird erst zu spät bewusst, in was für eine gefährliche Situation sie sich begeben hat. Villanelle liebt Mode und schöne Dinge und ist in der Wahl ihrer Bettgefährt*innen nicht festgelegt. Gleichzeitig ist sie ist eine Psychopathin, die auf makabre Weise Freude an ihrem Job hat.
Den Trailer gibt es leider nur in der englischen Originalversion:
Trotz – oder vielleicht gerade wegen - dieser Unterschiedlichkeit sind die beiden Frauen schnell voneinander fasziniert. Nach und nach entwickelt sich eine gegenseitige Besessenheit, die auch eine erotische Komponente hat, insgesamt jedoch zunächst undefiniert bleibt. Eine klassische Liebesgeschichte sollte hier jedenfalls niemand erwarten. Das mögen viele bedauern, ergibt jedoch im Rahmen dieser Serie, in der die Figuren und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen kompliziert und vielschichtig sind, durchaus Sinn.
Keine stereotypen Figuren, wie man sie aus Hollywood kennt
Das ist eine der Stärken von Killing Eve. Die Figuren, wie Autorin und Produzentin Phoebe Waller-Bridge (Fleabag) sie ausgestaltet hat, sind nicht stereotyp, sondern interessant und komplex und irgendwie so anders als die, die man z.B. aus Hollywood-Actionserien kennt.
Vielleicht sind auch deshalb Vorwürfe von „Queerbaiting“ (=LGBT-Fans mit der Andeutung anlocken, dass sich eine gleichgeschlechtliche Beziehung entwickeln könnte, ohne dass es jemals dazu kommt) und dem Bedienen negativer Erzählmuster wie „Bury Your Gays“ (salopp übersetzt: TV-Homos müssen sterben) zwar nicht vollständig ausgeblieben, haben jedoch zu keinem großen Aufschrei geführt. Im Gegenteil: Bei der LGBTQ-Fanconvention ClexaCon in London im vergangenen November wurde die Serie überwiegend gelobt.
Und diese interessanten Figuren werden von einem starken Schauspiel-Ensemble dargestellt, zu dem neben der grandiosen Sandra Oh, die gerade erst den Golden Globe für ihre Rolle gewonnen hat, und der ebenso großartigen Jodie Comer auch die lesbische Schauspielerin Fiona Shaw (Harry Potter) gehört.
Die erste Staffel von Killing Eve steht ab 22. Feb. bei Amazon Prime auf dem Abo-Channel STARZPLAY. Staffel 2 startet Anfang April in den USA.
Meike Lockhorst schreibt in ihrem Blog Seriennotizen regelmäßig über Fernseh- und Streamingserien.
Weiterlesen: TV-Tipp "One Day at a Time", 6 Streamingserien mit lesbischen und bisexuellen Charakteren
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