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Neu auf DVD: „Mater“ - Wenn ein Lesbenpaar ein Kind will (und ein Mann das Drehbuch schreibt)

Ein Frauenpaar, das einen Mann vergewaltigt, um schwanger zu werden: Ärgerlich, wie der argentinische Film beim Kinderwunsch-Thema derart danebengreift - und schade: Denn die beiden Lesben und ihr homophobes Umfeld zeigt er durchaus sensibel.

Pro-Fun Media

Von Hannah Geiger

2.4.2018 - Es handelt sich um eines der ältesten Lesbenklischees überhaupt: Ein lesbisches Paar, das einem Mann Sperma klaut, um ein Kind zu bekommen. Dabei hätte der Film so gut werden können. Die Hauptcharaktere sind gut gewählt, die Szenerie passt.

Doch das 2017 erschienene, auf einem Theaterstück basierende Romantik-Drama des argentinischen Regisseurs Pablo D’Alo Abba verfehlt es, dem Thema Lesben und Kinderwunsch die notwendige Ernsthaftigkeit zukommen zu lassen.

Es wird die Lebensrealität eines lesbischen Pärchens gezeigt, für die Homophobie und Nicht-Akzeptanz zum Alltag gehören: Celeste (Tamara Kiper) und Lena (Inda Lavalle) leben mit Celestes Mutter Nora (Araceli Dvoskin) in einer kleinen Wohnung, und obwohl sich Nora pflichtbewusst um die beiden kümmert, akzeptiert sie deren Liebe nur schwer. Einerseits kocht sie für die beiden, andererseits ignoriert sie Lena, wenn diese sie beim Abendessen anspricht.

Der Film zeigt auf eindrückliche Weise, in welch intime Sphären sich Homophobie auswirken kann - die beiden Frauen können auch in ihrem eigenen Zuhause nicht sie selbst sein.

Gib Sperma, Mann!

Celeste und Lena wünschen sich ein eigenes Kind, und nachdem sie beschlossen haben, das Sperma eines fremden Mannes zu verwenden, suchen sie in einem Nachtclub nach dem passenden Exemplar. Der Auserkorene, Dario (Lautaro Perotti), zufällig der Sohn der Frau, in deren Haus Nora als Haushälterin arbeitet, weigert sich jedoch, mit Celeste ungeschützten Sex zu haben. Daraufhin bedroht Lena ihn mit einem Messer, bis er nachgibt.

Bagatellisierte Vergewaltigung und alte Lesben-Klischees

Die Folgen dieses Abends sind weitreichend: Celeste wird schwanger, und Dario stürzt durch diese traumatische Erfahrung in eine tiefe Depression. Als Celeste und Dario sich Monate später zufällig wiedertreffen, ist Unheil vorprogrammiert.

Der Regisseur verfehlt die Möglichkeit, die Schwierigkeiten zweier Lesben darzustellen, ohne finanzielle Mittel und eine aufgeklärte Umgebung ein Baby zu bekommen. Mit der slapstickhaft anmutenden und bagatellisierten Vergewaltigung Darios macht er aus einem sensiblen Sozial-Drama eine traurige Komödie. Außerdem bekräftigt Mater das althergebrachte Narrativ zweier psychisch nicht ganz zurechnungsfähiger Lesben, das in Filmen allzu oft zementiert wird.

Mutter-Kind-Verhältnisse sensibel umgesetzt

Dabei ist alles andere sensibel umgesetzt: Sowohl Lena, die ungeoutet in einem Betrieb arbeitet, ständig von ihrem Kollegen angemacht und von der Mutter ihrer Geliebten zurückgewiesen wird, als auch die homophobe Nora, die sich im Laufe des Films entwickelt und auch als fürsorgliche Mutter gezeigt wird, die ihre Tochter zu verstehen versucht.

Und er zeigt zwei unterschiedliche Mutter-Kind-Verhältnisse, geprägt durch Liebe und gehemmt durch Unverständnis und Vorurteile: Einerseits die zurückhaltende Fürsorglichkeit Noras, andererseits die Kontrollsucht von Noras Chefin Mecha (Miriam Odorico). Deren überzeugende Darbietung einer herrschsüchtigen und in ihrer manischen Liebe zu ihrem Sohn irrational werdenden Mutter ist Highlight des Films und tröstet über so manche Ungereimtheiten hinweg.

Mater, Argentinien 2017, Regie/ Buch: Pablo d'Alo Abba, mit Tamara Kiper, Inda Lavalle, Araceli Dvoskin u.a., 80 min., Spanisch mit dt. Untertiteln – jetzt auf DVD (Pro-Fun Media)

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