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Sorgerechtsentzug wegen lesbischer Beziehung – neues Forschungsprojekt

Noch bis in die Neunziger mussten Mütter in lesbischen Beziehungen befürchten, das Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren. Ein Forschungsprojekt in NRW sucht nun nach Zeitzeug:innen, um diesen wenig bekannten Teil queerer Geschichte sichtbar zu machen.

Canva

14.8.2023 - Regenbogenfamilien gab es zwar schon immer, aber noch bis in die 1990er Jahre hinein lebten sie meist sehr diskret oder gar versteckt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass lesbische Mütter, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft führten, damit rechnen mussten, deswegen vor Gericht das Sorgerecht zu verlieren. 

Das Familienministerium in Nordrhein-Westfalen möchte dieses wenig bekannte Thema nun näher beleuchten und fördert ein neues Forschungsprojekt über den Entzug des Sorgerechts bei lesbischen Müttern in den Jahren 1946-2000.

„Manche betroffene Mutter wird bis heute befürchten, der Entzug des Sorgerechts sei ihr persönliches Versagen – obwohl es eine Folge von Diskriminierung war“, so Dr. Kirsten Plötz, die vom Queeren Netzwerks NRW für die Studie beauftragt wurde.

Die Historikerin führte bereits ein vergleichbares Projekt in Rheinland-Pfalz durch und veröffentlichte ihre Forschungsergebnisse Anfang 2021 unter dem Namen „…in ständiger Angst…“ (wir berichteten). Damals entschuldigte sich die damalige Familienministerin des Bundeslands, Anne Spiegel, ausdrücklich bei den Betroffenen für das erlebte Unrecht und rief die Bundesregierung dazu auf, dies ebenfalls zu tun, „denn das Unrecht wurde nicht nur in Rheinland-Pfalz begangen, sondern bundesweit.“

„Wichtig, das erlittene Unrecht anzuerkennen“

Da der Großteil früherer Gerichtsentscheidungen über das Sorgerecht aus dieser Zeit nicht dokumentiert ist, wird nun nach Zeitzeug:innen gesucht, die von ihren Erfahrungen erzählen und vielleicht sogar noch alte Schreiben und Urteile aufgehoben haben.

„Es wichtig, die Opfer zu Wort kommen zu lassen, ihre Geschichten sichtbar werden zu lassen und das erlittene Unrecht anzuerkennen“, sagt Josefine Paul, Familienministerin in NRW, in einer Presseerklärung. „Wir leisten damit auch einen Beitrag zur Aufarbeitung bundesrepublikanischer Rechtsgeschichte.“

Das Queere Netzwerk NRW ruft alle, die mit solchen Sorgerechtsverfahren direkt oder indirekt zu tun hatten, dazu auf, sich bei ihnen zu melden. „Dazu gehören natürlich die betroffenen Mütter, aber auch deren Lebensgefährtinnen, die Kinder, die Väter, die Jugendamtsmitarbeiter*innen, Familienrechtsanwält*innen, Richter*innen; andere Verwandte der Kinder, Mitbewohner*innen, Erzieher*innen und andere, in deren Umfeld um das Sorgerecht von lesbisch lebenden Müttern gestritten wurde. Für den Kontext sind zudem Zeitzeug*innen über Verfahren um das Sorge- oder Umgangsrecht von schwul lebenden Vätern und von trans* Eltern gesucht.“ Auf Wunsch wird den Beteiligungen natürlich Anonymität zugesichert.

Eng begleitet wird das Projekt von der LAG Lesben innerhalb des Queeren Netzwerks NRW, das lesbische Perspektiven innerhalb der LGBTQ-Community sichtbar machen will.

Zeitzeug:innen wenden sich bitte an sorgerecht@queeres-netzwerk.nrw

Mehr über Kirsten Plötz' Forschungsprojekt in Rheinland-Pfalz: sorgerecht-lesbischer-muetter.de

 

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