Ungarn: Pride-Verbot und Widerstand
Die ungarische Regierung hat im Eilverfahren den Budapest Pride verboten. Teilnehmenden drohen hohe Geldstrafen, sie sollen per Gesichtserkennungstechnologie identifiziert werden. Doch es gibt Widerstand, auch von Budapests Oberbürgermeister.
Von Katrin Kremmler
23.3.2025 - Die ungarische Regierung hat im Eilverfahren den für den 28. Juni geplanten 30. Budapest Pride verboten, begründet mit dem Jugendschutz. Teilnehmer:innen und Organisator:innen drohen Geldbußen von bis zu 200.000 Forint (ca. 500 Euro). Zur Identifizierung soll Technologie zur Gesichtserkennung eingesetzt werden.
Doch es gibt Widerstand: Der oppositionelle Budapester Oberbürgermeister Gergely Karácsony kündigte an, der Pride würde stattfinden, größer als je zuvor. In Budapest und Pécs sowie in Wien und Barcelona kam es in der vergangenen Woche zu Demonstrationen.
Mahnungen und Solidarität aus der EU
EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib betonte das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, während EU-Kommissar Michael McGrath die Bedeutung des Schutzes demokratischer Rechte unterstrich. Solidaritätsbekundungen kamen vom spanischen Regierungspräsidenten Pedro Sánchez und Außenminister José Manuel Albares, von Irlands Außenminister Simon Harris und dem stellvertretenden belgischen Premierminister Maxime Prévot.
Kommentator:innen halten das Pride-Verbot für ein Täuschungsmanöver, um von Korruption abzulenken. Doch die Einschränkung der Versammlungsfreiheit hat eine größere Dimension: Offenbar inspiriert von den Entwicklungen in den USA hat Orbán oppositionelle Kräfte und mit EU-Geldern geförderte NGOs als „Wanzen“ bezeichnet und einen „Osterputz“ angekündigt. Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft, die gegen die „Souveränität des Landes“ verstoßen, soll die ungarische Staatsbürgerschaft entzogen werden.
Binäre Geschlechterordnung steht nun in der ungarischen Verfassung
Diese Maßnahmen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem Orbáns politische Gegner zunehmend an Einfluss gewinnen. Laut aktuellen Umfragen hat Orbáns Widersacher Péter Magyar von der Tisza Partei Orbán überflügelt, erstmals besteht die reale Möglichkeit, dass Orbán bei den nächsten Wahlen 2026 verlieren könnte. Es gibt Gerüchte über vorgezogene Neuwahlen im Herbst 2025.
In einer neuen Verfassungsänderung (die 15. seit 2010) wird in Ungarn nun auch eine binäre Geschlechterordnung verankert. Dafür wird nun die biblische Schöpfungsgeschichte herangezogen: Der 2020 neu eingeführte Passus, dass nur eine Frau Mutter und nur ein Mann Vater sein kann, wird geändert in: „Das Geschlecht eines Menschen ist von Geburt an eine biologische Tatsache, der Schöpfungsordnung entsprechend entweder Mann oder Frau.“
Die aktuelle Ausgabe der L-MAG erhältlich am Kiosk (Kiosk-Suche), im Abo, als e-Paper und bei Readly.

Bleibt standhaft!
Unsere Leser:innen sind unser größter Schatz und unser größter Rückhalt. Helft uns, damit wir diese Zeiten durchstehen, die in politischer wie finanzieller Hinsicht nicht einfach sind. Journalismus, der nicht nur in Social Media Bubbles stattfindet, unabhängig ist und dialogbereit bleibt, hat es zunehmend schwer..
Unterstützt unsere Arbeit!
Vielen Dank!
Euer L-MAG-Team