K-Word #483: Neues aus der Lesbenwelt
Jennifer Beals geht in „The L Word“ auf Teilzeit, Nastassja Kinski & Martina Gedeck als Filmpaar, sexuelle Übergriffe bei „Princess Charming“: RTL in der Kritik, Nilla Fischer, Cara Delevingne, Ashley Benson, Jill Scott ist Dschungelqueen - und mehr!
Von Karin Schupp
2.12.2022 - Aktuell im Kino: Thomas Stubers Die stillen Trabanten verbindet lose drei melancholische Kurzgeschichten aus Clemens Meyers gleichnamigen Buch, die von zarten Liebes-Begegnungen in Leipzig handeln. Eine davon erzählt von der Bahn-Reinigungskraft Christa (Martina Gedeck), die jeden Abend nach ihrer Schicht die Friseurin Birgitt (Nastassja Kinski) in der Bahnhofskneipe trifft und sich in sie verliebt. „Christa macht eine wunderbare Entwicklung“, sagte Gedeck im Interview mit der Zeit. „Die Liebe verleiht ihr Flügel und man sieht, wie sie wirklich ist.“
Im November machte Ex-Princess Charming-Kandidatin Jo (Staffel 1) öffentlich, dass Mitkandidatin Wiki sie während der Dreharbeiten sexuell bedrängt habe, was die bestätigte und daraufhin bei Instagram tausende Fans verlor (K-Word #481). Inzwischen aber verlagerte sich der Ärger in Richtung RTL und Produktionsfirma Seahorse, die sich maximal ungeschickt verhalten. Schon mit ihrem ersten Wir-haben-nix-gesehen-und-wussten-von-nichts-Statement auf Instagram machten sie sich keine Freund:innen - schließlich liefen in der Charming-Villa rund um die Uhr Kameras -, und Presseanfragen blieben unbeantwortet. Eine Woche folgte eine weitere Erklärung: Ein unabhängiger Anwalt sei nach Überprüfung des Bildmaterials zu dem Schluss gekommen sei, dass es „eindeutig für eine Einvernehmlichkeit“ spreche, also keine strafbare Handlung zu erkennen sei (siehe unten). Diese kühl juristische Herangehensweise zeigt nicht nur, wie schwierig es ist, sexuelle Übergriffe zu belegen (wenn etwa das Opfer erstarrt), sondern auch dass für den Sender die strafrechtliche Seite im Vordergrund steht und nicht (auch) der grundsätzliche Umgang mit solchen Themen in ihren Realityshows. Auch der letzte Satz, dass man „Kandidat:innen vor nachweislich falschen Darstellungen in der Öffentlichkeit schützen“ wolle, löst Stirnrunzeln aus: Das ist zwar grundsätzlich in Ordnung, passt aber zumindest nicht auf Wiki, die ihr Verhalten ja zugegeben hat. Zwischenzeitlich berichtete auch Staffel 1-Kandidatin Sarina auf Instagram von einer sexuellen Nötigung in der Villa, ohne den Namen der Täter:in zu nennen. Diesen Vorwurf kommentierte der Sender bisher nicht.
Irina Schlauch, die „Princess“ der ersten Staffel erklärte in einer Instagram-Story ihre „absolute und uneingeschränkte Solidarität mit allen Opfern sexualisierter Gewalt! Das gilt für mich immer und ich höre zu!“ Sie fügte jedoch hinzu: „Was ich gerade persönlich nicht in Ordnung finde, ist, dass Leute versuchen, mich zu einem öffentlichen Statement zu drängen und dabei meine Grenzen überschreiten.“
Vor zwei Wochen startete in den USA die dritte Staffel von The L Word: Generation Q (K-Word #481), und nach Folge 2 ließ der Sender Showtime die Katze aus dem Sack: Jennifer Beals reduziert ihre Rolle als Bette Porter und taucht offenbar erst wieder in den letzten beiden Folgen der Staffel auf. Schade, ein echter Verlust für die Serie - auch wenn der Grund, weshalb Bette sich in der Serie rar macht, die TiBette-Fans glücklich machen wird! Sie wolle „Platz für andere Storys machen“, sagte Beals gegenüber United Press International. Zudem verfolge sie andere Projekte und produziere aktuell einen Spielfilm, der in Indien gedreht werden soll.
Schwedens Fußballstar Nilla Fischer hat den Umgang mit der „One Love“-Armbinde bei der Männer-WM in Katar kommentiert: Sie sei „ein wenig enttäuscht“, dass DFB-Kapitän Manuel Neuer und andere Teams anders als angekündigt ohne sie aufliefen, sagte die Ex-Nationalspielerin der Bild am Sonntag. „Wenn du eine Haltung hast, musst du auch bereit sein, Konsequenzen zu tragen und dafür einstehen.“ Es gebe keine Fifa-Regel, die das verbietet, zudem „wäre der Aufschrei der Medien doch riesig gewesen, wenn sieben Kapitäne wegen der Binde tatsächlich Gelb gesehen hätten. Die Fifa überschreitet leider oft Grenzen – auch in diesem Fall.“ Die schwedische Nationalspielerin brachte 2017 die Regenbogen-Kapitänsbinde aus ihrer Heimat mit zum VfL Wolfsburg (wir berichteten) - inzwischen wird sie von vielen Teamkapitän:innen getragen. Fischer, die mit ihrer Frau Mika zwei Söhne hat, spielte sechs Jahre in Wolfsburg und kehrte 2019 zum Linköpings FC zurück. Im September beendete sie ihre internationale Karriere.
Es gibt wenige Promis, die uns über die Jahre so an ihrem Coming-out-Prozess teilhaben ließen, wie Topmodel/ Schauspielerin Cara Delevingne. Im BBC3-Interview erzählte sie, dass sie noch nicht so weit war, zu ihrer sexuellen Identität zu stehen, als ihre Frauenbeziehungen begannen, ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. „Damals hatte ich selbst noch Schwierigkeiten damit. Es war nicht einmal die Tatsache, dass es auf der Titelseite einer Zeitung erscheinen würde, es war ‚Was ist, wenn meine Familie es sieht?‘“ Die 30-Jährige, die in ihrer neuen BBC-Dokuserie Planet Sex (K-Word #482, noch kein deutscher Starttermin) erstmals das lesbische Dinah Shore Festival in Palm Springs und einen CSD besucht, bezeichnet sich inzwischen als queer, nachdem sie „irgendwie als bisexuell angefangen“ habe und danach „pansexuell war“. Der Begriff „queer“ passe aber am besten, weil er sich „flüssig und frei an[fühlt]. Er setzte mich nicht zu sehr unter Druck, was ich eigentlich sein wollte.“
Während Cara momentan entweder Single ist oder ihre Loverin unter Verschluss hält (zuletzt - im Sommer - techtelte sie mit der Londoner Sängerin Minke), scheint ihre Ex Ashley Benson (K-Word #353) neu liiert zu sein. Zumindest zeigt sich die bisexuelle Schauspielerin (Pretty Little Liars) in letzter Zeit auf TikTok und in der Öffentlichkeit häufig mit der Fotografin Sofia Malamute. Offiziell kommentiert haben die beiden ihren Beziehungsstatus aber nicht.
Fußball-Europameisterin Jill Scott (K-Word #480) ist die erste lesbische Dschungelqueen! Die 35-Jährige gewann am letzten Sonntag die britische Ausgabe der Dschungelshow, I’m A Celebrity… Get Me Out Of Here (die dort drei Wochen dauert, also eine Woche länger als bei uns). „Ich schätze, ich schulde meiner Oma jetzt eine Menge Geld für die 12 Millionen Anrufe“, reagierte Scott in Anspielung auf die Rekordzahl der Voting-Anrufe, deren Mehrheit auf sie entfiel. Die 161-fache Nationalspielerin, die ihre aktive Karriere nach dem EM-Sieg 2022 beendete, plant als nächstes die Hochzeit mit ihrer Frendin Shelly Unitt, die sie noch vor Ort in die Arme nehmen konnte. Die Trennung von ihr, ihrer Familie und Freund:innen fand sie „wirklich schwierig“, sagte Scott der Daily Mail und kündigte an, ihren Sieg mit Shelly und ihren Mitkandidat:innen bei einer Pizza Margarita und zwei Gläsern Rotwein zu feiern.
Seit 1. Dez. im Kino: In Call Jane (unsere Filmkritik) schließt sich die bislang brave Hausfrau Joy (Elizabeth Banks) in den 1960ern einer feministischen Gruppe um Virginia (Sigourney Weaver) an, die - zu dieser Zeit illegale - Abtreibungen anbietet (übrigens eine wahre Geschichte, die auch die Dokumentation The Janes erzählt; gibt's bei Sky und WOW). Dass Virginia im Regiedebüt der lesbischen Drehbuchautorin Phyllis Nagy (Carol) als queer angelegt ist, wird leider allzu subtil gezeigt – was Nagy selbst allerdings anders sieht: Sie staune, „wie viele Menschen ihre Queerness scheinbar gar nicht mitbekommen“, sagte sie der Webseite Queer. „Dabei ist sie, wie ich finde, absolut greifbar.“
In der schwedisch-norwegischen Romanadaption So Damn Easy Going geht’s um die Teenagerin Joana (Nikki Hanseblad), die ihre ADHS-Erkrankung schon einige Tage ohne Tabletten aushalten muss, weil sie nicht das Geld für ein neues Rezept hat - und dann lernt sie ihre neue Mitschülerin Audrey (Melina Benett Paukkonen) kennen, die sie auf eine ganz andere Weise nervös macht… Der Film, der im September mit dem deutschen Queerscope-Debütfilmpreis ausgezeichnet wurde, läuft im Dezember in der Queerfilmnacht in über 30 Städten (Orte/ Termine), und wer das verpasst: am 12. Januar kommt der Film auch regulär ins Kino.
Die finnische Regisseurin Aino Suni erzählt in Heartbeast von der jungen Rapperin Elina (Elsi Sloan), die sich in ihre neue Stiefschwester (Carmen Kassovitz) verlobt – ein Teenie-Crush, der zur Obsession wird, inszeniert in grellen Farben und aufpeitschender Musikvideo-Ästhetik. Der Film läuft am 5. Dezember als Kino-Event in vielen deutschen Städten (Orte/ Uhrzeiten), lest am Wochenende unsere Filmkritik hier auf l-mag.de.
Rückt rüber, Tahnee, Tig Notaro und Mae Martin: Marie Harnau ist der kommende queere, nichtbinäre Stern am Stand-up-Comedy-Himmel. Und wir von L-MAG freuen uns über den Shout-Out in diesem Clip über Maries ersten L-MAG-Kauf und das Dankeschön an uns „für die allerersten queeren Infos in meinem Leben. It made a difference.“
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