Das sind die lesbischen Stars der Fußball-WM
Bei der Fußball-WM in Kanada stehen auch 18 offen lesbische Nationalspielerinnen und Trainerinnen aus acht Ländern im Rampenlicht. Wir stellen euch die lesbischen WM-Stars - darunter fünf Team-Kapitäninnen - vor.
Karin Schupp
l-mag.de, 7.6.2015 - Beim Fußball geht’s vor allem darum, Tore zu schießen und zu verhindern - die sexuelle Orientierung tut da eigentlich nichts zur Sache. Aber in Zeiten, in denen Zeitschriften Fotostrecken der „schönsten Spielerfrauen“ der männlichen Nationalspieler abdrucken und wir ihre Hobbies, Tattoos und Urlaubsziele kennen, nimmt es sich geradezu bescheiden aus, wenn wir uns lediglich dafür interessieren, welche Spielerinnen lesbisch sind. Während aber Heteras wie Lira Alushi gerne Pärchen-Selfies posten, sprechen leider die wenigsten lesbischen Fußballerinnen offen darüber - selbst wenn es uns nicht mal um Details ihres Privat- und Liebeslebens geht. Das hat, abgesehen von persönlichen Ängsten, auch damit zu tun, dass die meisten Fußballverbände ein Coming Out nicht unterstützen, sondern - im Gegenteil - eher betonen, dass das alte Gerücht, alle Fußballerinnen seien lesbisch, überhaupt nicht stimme.
Rein statistisch spielen in jedem Team ein oder zwei Lesben, tatsächlich sind es höchstwahrscheinlich mehr: Gerüchte und offene Geheimnisse gibt es jedenfalls genug. Wir stellen euch hier aber nur die WM-Teilnehmerinnen vor, die offen und selbstbewusst lesbisch leben - und außerdem ganz hervorragende Fußballerinnen sind!
Schweden:
Der WM-Dritte von 2011 hat das lesbischste Team von allen: vier Spielerinnen und ihre Trainerin Pia Sundhage, die als Trainerin des US-Teams zwei Mal Olympiagold holte und 2011 Vizeweltmeister wurde. Co-Kapitänin Caroline Seger outete sich Ende 2013 in der schwedischen Lesben- und Schwulen-Zeitschrift QX. VfL-Wolfsburg-Star Nilla Fischer, die Dienstälteste im schwedischen Team (seit 2001), hat sich das lesbische Bekenntnis sogar auf den Arm tätowiert: „I love her. That’s the beginning and end of everything.“ In QX kündigte sie vor zwei Jahren ihre Hochzeit mit ihrer Freundin Mariah-Micaela an, inzwischen haben sie geheiratet. Mehr von Nilla lest ihr im L-MAG-Interview im aktuellen Heft.
Bereits 2008 outete sichMittelfeldspielerin Lisa Dahlkvist, ebenfalls in QX (schön, dass man das in Schweden nicht in der Boulevardpresse erledigt!). Hedvig Lindahl, seit 2002 im Tor der Schwedinnen, heiratete ihre Frau Sabine 2011, letztes Jahr wurden sie Eltern eines Sohns.
USA:
Dass die Stars des US-Teams, Abby Wambach und Megan Rapinoe, lesbisch sind, erkennt wohl jede mit halbwegs funktionierendem Gaydar. Als Abbys offizielles Coming Out gilt jedoch erst ihre Hochzeitsankündigung mit Fußballerin Sarah Huffman im Oktober 2013. Sie selbst sagt dazu: „Ich habe mich nie nicht geoutet gefühlt.“ Die Kapitänin und Weltfußballerin 2012 schoss schon 182 Tore fürs US-Team, ist aber derzeit ohne Verein. Megan Rapinoe erledigte die Coming Out-Formalitäten 2012 im US-Homo-Magazin Out. Damals war sie mit der australischen Ex-Nationalspielerin Sarah Walsh liiert, heute ist die Indie-Musikerin Sera Cahoone ihre Freundin.
„Ich fühle mich mit meiner Sexualität total wohl, sicher und frei", sagte Ali Krieger (2007-2012 beim FFC Frankfurt) im April im Videoblog ihres schwulen Bruders. "Es war ein langer, harter Weg für mich, und ich gebe mir kein Label." Auch wenn sich die Fachwelt nicht einig ist, ob das jetzt ein Coming Out war - mal ehrlich: Heten sagen doch solche Sätze nicht! US-Coach Jillian Ellis, zuvor Trainerin von Collegeteams, der U20 und U21, hat ihr Privatleben nie versteckt und lebt mit Frau und Tochter in Florida.
England:
„Ich bin lesbisch und zwar schon so ziemlich mein ganzes Leben lang“ verkündete die langjährige Kapitänin der englischen Nationalelf Casey Stoney Anfang 2014 in einem BBC-Interview. Ihre Lebensgefährtin Megan Harris, ebenfalls Fußballerin, mit der sie im selben Jahr Mutter von Zwillingen wurde, hatte sie aber auch zuvor nie versteckt. Eine der auffälligsten Spielerinnen des Turniers ist Stürmerin Lianne Sanderson, die gerne mit neuen, meist platinblonden Frisuren aufläuft. Im letzten Jahr posierte die LGBT-Aktivistin mit ihrer damaligen Verlobten und Boston Breakers-Teamkollegin Joanna Lohman für die auflagenstarke US-Zeitschrift People, inzwischen soll sich das Paar getrennt haben.
Norwegen:
Auch der Vize-Europameister von 2013 hat eine lesbische Kapitänin: Trine Bjerke Rønning, seit 1999 im Nationalteam, ist mit der Ex-Nationalspielerin Kristin Blystad Bjerke verheiratet. Stürmerin Isabell Herlovsen, die im Mai ihr 100. Länderspiel feierte, outete sich 2011 in einem Interview, privat lebte die Tochter des früheren Gladbach-Profis Kai Erik Herlovsen aber schon als Jugendliche offen lesbisch.
Australien:
„I am out and proud“, antwortete Michelle Heyman auf die Frage, weshalb sie sich in den Medien noch nicht geoutet habe - und tatsächlich: die Stürmerein gehört zu der neuen Generation an Spielerinnen, die auf ihren Social Media-Seiten längst komplett offen lesbisch leben.
Neuseeland:
Katie Duncan, die kürzlich ihr 100. Länderspiel machte, spielte 2011/ 2012 beim Bundesligistn Bad Neuenahr und steht zurzeit beim FC Zürich unter Vertrag. Im Januar heiratete sie die Ex-Nationalspielerin Priscilla Duncan (zuvor hieß sie Hoyle).
Kanada:
Die lesbisch-schwulen Proteste gegen die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2013 motivierten Erin McLeod zu ihrem Coming Out im Radio. Zuvor hatte die Torfrau das nicht für nötig gehalten, danach aber hatte sie das Gefühl, "dass ich die ganze Welt erobern könnte. In diesem Moment fühlte ich mich so befreit!” Auch McLeods Freundin Ella Masar - sie spielen zusammen beim US-Club Houston Dash - outete sich kürzlich.
Deutschland: Nadine Angerer, Weltfußballerin 2013 und Cover-Girl der aktuellen L-MAG, kam Ende 2010 im Zeit-Interview als bisexuell rüber, in ihrer im Frühjahr erschienenen Autobiografie stellte sie aber klar: „Ich liebe Frauen.“ Genauer gesagt: ihre Freundin Magda. Leider beendet Natze in diesem Jahr ihre aktive Fußball-Karriere - hoffentlich mit ihrem dritten Weltmeister-Titel!
Schweiz: Nicht unter den Tisch fallen soll Nati-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die langjährige deutsche Nationalspielerin flog im Jahr 2000 wegen Beziehungsproblemen mit einer Team-Kollegin aus der Olympiamannschaft und prangerte den DFB deswegen später als homophob an. Schon 2003 sagte sie aber: "Ich weiß, dass ich nie wieder mit einer Frau zusammenleben werde." Inzwischen ist sie mit einem Bauunternehmer verheiratet.
UPDATE: Inzwischen hat sich auch die Schweizer Nationalspielerin Ramona Bachmann öffentlich geoutet, siehe K-Word #101.
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