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Diskriminierung im Job: Über die Hälfte der LGBTQ-Beschäftigten hat das schon erlebt

Abfällige Kommentare, Ignoranz und Mobbing sind für LGBTQ am Arbeitsplatz keine Ausnahme, wie eine Befragung ergab. Die guten Nachrichten: Jüngere Queers finden sich seltener damit ab. Und: am besten ergeht’s denjenigen, die im Job komplett ‚out‘ sind.

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4.7.2023, red. - Im Pride-Monat Juni geben sich viele Unternehmen und Geschäfte queerfreundlich und schmücken sich mit Regenbogenfahnen. Doch das heißt leider nicht immer, dass ihre Angestellten dort in einer diskriminierungsfreien Umgebung arbeiten können.

In einer Befragung unter LGBTQ+-Arbeitnehmer:innen gab über die Hälfte (57%) an, wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität schon einmal Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt zu haben, jede:r Zehnte sogar schon häufig. Besonders betroffen sind trans Frauen (87 %), bei den trans Männern sind es 58 Prozent. Die Antworten der lesbischen Befragten wurden nicht eigens ausgewiesen.

Abfällige Kommentare, Witze, Unverständnis, Mobbing

Die häufigsten Diskriminierungserfahrungen sind für die Betroffenen abfällige Kommentare oder Witze über LGBTIQ+ (51 %) sowie Ignoranz und Unverständnis (35 %). Aber auch Mobbing, Mikroaggressionen, Isolation, Belästigung mussten viele schon erleben.

Auch von Nachteilen in der Karriere wird berichtet: Rund ein Drittel (31 %) der Befragten sagen, dass sie als LGBTIQ+-Person schon einmal beruflich benachteiligt wurden.

Nur wenig Unterstützung von den Vorgesetzten

Queere Betroffene bekommen von ihren Arbeitgeber:innen oft nur wenig Support und erwarten das auch offenbar nicht: Nur jede:r vierte Diskriminierte meldete den Vorfall an Vorgesetzte oder die Personalabteilung – und erlebte häufig eine Enttäuschung: 28 Prozent der Firmen ignorierten den Vorfall oder spielten ihn herunter, 39 Prozent zeigten eine informelle Reaktion, und nur 18 Prozent leiteten eine offizielle Untersuchung ein, die Konsequenzen für die Beteiligten nach sich zog.

Kein Wunder, dass viele LGBTIQ+-Beschäftigte – 37 Prozent – angaben, auf abwertendes Verhalten schlicht nicht weiter zu reagieren. Jüngere (25-44 Jahre) sind dazu allerdings weniger häufig bereit: bei ihnen sind es nur 31 Prozent.

LGBTIQ+-Beschäftigte gestresst - vor allem, wenn sie nicht 'out' sind

Und kein Wunder auch, dass der Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung und Genderidentität für jede:n Vierten psychisch belastend ist. Vor allem trans Frauen und Männer haben damit zu kämpfen (59 bzw. 55 %).

Deutlich seltener gestresst (17 %) sind die Befragten, die am Arbeitsplatz komplett out sind.

Jüngere finden sich seltener mit Diskriminierungen ab

Konsequenzen aus Diskriminierungserfahrungen ziehen eher die LGBTIQ+ Angestellten als die Unternehmen: Knapp ein Viertel (22 %) der Betroffenen hat deswegen schon mindestens einmal den Job gekündigt.

Bei den Jüngeren (25-44 Jahren) sind es sogar 34 Prozent - sie sind sichtlich seltener dazu bereit, sich mit einem queerfeindlichen Klima abzufinden. 

Bei ihrer neuen Jobsuche achten diese Befragten überdurchschnittlich stark darauf, dass der künftige Arbeitgeber queerfreundlich ist und etwa in der Stellenanzeige auf eine offene Unternehmenskultur für LGBTIQ+ hinweist.

Jede:r Zehnte hat sich im Job nicht geoutet

Auch heute noch vermeiden es viele LGBTIQ+, im Beruf über ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu sprechen. Nur ein Drittel (32 %) geht komplett offen damit um, genauso viele haben sich gegenüber einzelnen Kolleg:innen geoutet. Das restliche Drittel vermeidet, darüber zu reden oder hält es ausdrücklich geheim (9 %).

Die Hauptbegründung dafür ist, dass man zwischen Berufs- und Privatleben trennen will (was Heteros übrigens selten tun, wenn dazu zählt, dass sie  ihre:n Partner:in erwähnen). Häufig befürchtet wird aber auch Diskriminierung und berufliche Nachteile

Erfreulich ist dabei, dass Befragte, die vollständig out sind, tatsächlich seltener Diskriminierung erleben (48 % vs. 57 % im Durchschnitt).

Unternehmen: „Sichere und positive Atmosphäre schaffen“

„Auch 2023 werden LGBTIQ+ noch am Arbeitsplatz diskriminiert, die Konsequenzen für diskriminierendes Verhalten sind zu schwach“, bilanziert Stuart Bruce Cameron, dessen Uhlala Group die Befragung mit in Auftrag gab. „Hier müssen Arbeitgeber*innen klarer durchgreifen, um eine positive und sichere Arbeitsatmosphäre für alle zu schaffen. Es darf nicht sein, dass Betroffene Angst vor einem Coming-out haben. Das Einsetzen für Belange von LGBTIQ+ darf nicht beim Pride Month enden, sondern muss auch heißen, dass Unternehmen keine Art von Diskriminierung dulden – das ganze Jahr über.“

An der YouGov-Online-Befragung beteiligten sich 1.031 LGBTIQ+-Arbeitnehmer:innen. Neben der auf LGBTIQ+ Diversity spezialisierte UHLALA Group (die die queere Jobmesse Sticks & Stones organisiert) war auch die Jobplattform Indeed Auftraggeberin.

Die vollständige Studie kann hier zum Download bestellt werden.

 

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